d) Eine Kultur- und Medienpolitik, die Vielfalt fördert

i. Freiräume schaffen durch Grüne Kulturpolitik

Ohne Kunst und Kultur wäre unsere Gesellschaft nicht denkbar. Sie stiften Identität, bieten einerseits Orientierung und andererseits Freiräume für Neues und Unkonventionelles. Kultur macht die Vielfalt unserer Gesellschaft sichtbar und erlebbar. Auch die Frage, wie wir zukünftig leben wollen, ist eine kulturelle Frage.

Kulturpolitik ist insofern immer auch gelebte Gesellschaftspolitik. Baden-Württemberg ist ein Kulturland. Das Kulturleben in Baden-Württemberg ist besonders geprägt durch ein vielfältiges und hochwertiges Kunst- und Kulturangebot im ganzen Land. In allen Sparten gibt es Kulturschaffende, die mit ihrer hervorragenden Arbeit und ihrem Engagement den Ruf Baden-Württembergs als Kulturland prägen. Die Bevölkerung ist für Kunst und Kultur aufgeschlossen und engagiert sich in vielfältiger Weise. Das Kunst- und Kulturleben wird auch durch das hohe Maß an bürgerschaftlichem Engagement bestimmt, zum Beispiel in Musik-, Gesangs- und Kulturvereinen, in Amateurtheatern und auf neu entstandenen Bürgerbühnen.

Ein Fördermix für Exzellenz, Vielfalt, Innovation und Internationalität

Kulturförderung verstehen wir als staatliche Aufgabe mit dem Zweck, sowohl unser kulturelles Erbe zu bewahren als auch neu Entstehendes zu fördern. Daher haben wir die nachhaltige und auskömmliche Finanzierung von Kunst und Kultur gesichert. Seit unserem Regierungsantritt haben wir den Kulturhaushalt im Schnitt um drei Prozent pro Jahr erhöht. Die Grundfinanzierung der Kultur in Baden-Württemberg werden wir auch in Zukunft verlässlich gestalten, schließlich ist Planungssicherheit für Kultureinrichtungen die Voraussetzung für Kreativität und gute Arbeitsbedingungen. Gleichzeitig haben wir mit dem Innovationsfonds Kunst die Voraussetzungen für die Förderung neuer Ideen und Initiativen geschaffen. Besonders wichtig ist uns dabei auch der Raum für die Entwicklung kreativer, unkonventioneller und kritischer Ideen.

Wir bekennen uns zur kulturellen Vielfalt. Neben einer exzellenten Kultur mit ihren überregional ausstrahlenden Leuchttürmen muss immer auch die kulturelle Grundversorgung in der Fläche gewährleistet werden. Denn kulturelle Angebote bedeuten Lebensqualität im Ländlichen Raum und sind mittlerweile auch ein wichtiger Anziehungspunkt für Tourismus und Wirtschaft. Deshalb brauchen Kunst und Kultur sowohl Freiräume als auch verlässliche Förderinstrumente. Das gilt gleichermaßen für die großen Kultureinrichtungen wie für die Freie Szene. Durch komplementäre Förderung setzen wir für die Kommunen Anreize zur Schwerpunktbildung und für den Ausbau ihres kulturellen Angebots. In der Soziokultur haben wir die Ziele der Kunstkonzeption voll umgesetzt, die Landesmittel deutlich erhöht und so die soziokulturellen Zentren nachhaltig gestärkt. Mit dem Fördermodul Kultur im Regionalentwicklungsprogramm LEADER fördern wir zusätzlich Kulturprojekte in der Fläche.

Kultur ist Partizipation und Teilhabe

Kulturelle Teilhabe muss allen Menschen ermöglicht werden, unabhängig von Herkunft, Einkommen, Wohnort, Alter oder körperlichen Einschränkungen. Nur dann kann Kultur auch ihre integrative Wirkung entfalten. Insbesondere interkulturelle Projekte und europäische Angebote leisten einen wichtigen Beitrag zur Integration, stärken den Zusammenhalt der Gesellschaft, geben Impulse für die Weiterentwicklung der Künste und unterstützen nicht zuletzt die Schaffung einer europäischen Kultur und Öffentlichkeit. Durch gezielte Förderung der Interkultur wollen wir diese Chancen nutzen.

Europa wächst zusammen. Wir GRÜNE fördern den kulturellen Austausch zwischen Kommunen und Regionen in Europa und möchten dabei an bereits existierende Partnerschaften anknüpfen. Insbesondere Gemeinde- und Städtepartnerschaften wollen wir weiter mit Leben füllen. Den wechselseitigen Austausch zwischen Schulen, Berufsverbänden, lokalen Bürgerinitiativen und Vereinen wollen wir fördern und Kommunen in ihrem Bestreben nach einem dauerhaften Kontakt unterstützen.

Kulturelle und ästhetische Bildung sind die Basis für kulturelle Teilhabe. Damit jede und jeder diese Chance erhält, haben wir Musik und Kunst an den Grundschulen wieder als eigenständige Fächer eingeführt. Außerdem haben wir die Kooperation mit außerschulischen kulturellen Bildungsträgern wie den Musikschulen und den Jugendkunstschulen intensiviert mit dem Ziel, sie insbesondere für das außerhalb des Schulunterrichts stattfindende Angebot zu erweitern. Bildungsangebote der öffentlichen Kultureinrichtungen sollen Bestandteil des Unterrichts an möglichst allen Ganztagsschulen werden. Außerdem haben wir einen Schwerpunkt für kulturelle Bildung im Innovationsfonds geschaffen. Die Empfehlungen des Fachbeirats für Kulturelle Bildung wollen wir in den nächsten Jahren umsetzen.

Gestern nicht vergessen, morgen in den Blick nehmen Erinnerungskultur ist ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Unsere historische Verantwortung nehmen wir sehr ernst. Daher müssen die Gedenkstätten und Gedenkinitiativen im Land auskömmlich finanziert werden, damit sie den gesellschaftlichen Veränderungen und Herausforderungen begegnen können. Professionelle Rahmenbedingungen sind die Voraussetzung für die Attraktivität und die Entfaltung des ehrenamtlichen Engagements. Zur historischen Verantwortung gehört, dass Kulturgüter, die den Verfolgten des Naziregimes entzogen worden sind, ermittelt werden und den rechtmäßigen Besitzer*innen zurückgegeben werden. Deshalb muss Provenienzforschung an den staatlichen Museen eine Pflichtaufgabe sein. Wir setzen uns dafür ein, dass Baden-Württemberg in der Provenienzforschung weiterhin eine beispielhafte und führende Rolle übernimmt.

Auch Kunst und Kultur werden durch die Digitalisierung vor große Herausforderungen gestellt. Mit einem Sonderprogramm wollen wir darum unter anderem die Museen bei der Digitalisierung von Kulturgütern unterstützen, um die Kulturlandschaft Baden-Württembergs in die Zukunft zu begleiten und unsere Landesschätze einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.

ii. Grüne Medienpolitik für eine informierte Öffentlichkeit

Ein zeitgemäßer öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein wesentlicher Bestandteil einer vielfältigen und unabhängigen Medienlandschaft. Gerade deshalb muss er modern organisiert sein, um seine Aufgabe wahrnehmen zu können. Mit der Reform des SWR-Staatsvertrags mit verbindlicher Quotierung und Öffnung in den Gremien, sehr viel flexibleren Strukturvorgaben und mehr Transparenz sind wir unter der GRÜN-geführten Landesregierung in dieser Hinsicht einen großen Schritt vorangekommen. Auch in Zukunft muss der SWR mit den sich permanent verändernden Rahmenbedingungen der Medienwelt mitwachsen. Nachholbedarf sehen wir bei der Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Mittelfristig sollen daher alle Programme barrierefrei gestaltet werden.

Ein zeitgemäßes Angebot ist unverzichtbar, damit alle Bürgerinnen und Bürger, auch die jüngeren, erreicht werden und der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem Grundversorgungsauftrag gerecht wird. Ein wichtiger Schritt ist die aktuelle Entwicklung eines Jugendangebots seitens des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wichtige Impulse versprechen wir uns außerdem von der Einführung eines Zuschauerrates – sowohl beim SWR wie auch bei der Landesanstalt für Kommunikation (LFK), dem Aufsichtsorgan der privaten Radio- und Fernsehveranstalter.

Vielfalt in der Medienlandschaft erhalten

Zu einer vielfältigen Medienlandschaft, die wir in Baden-Württemberg noch haben, die aber gerade durch das Vordrängen der Onlinegiganten in den regionalen Werbemarkt gefährdet ist, gehören die vielen privaten lokalen und landesweiten Radio- und Fernsehanbieter genauso wie die nicht-kommerziellen Hörfunksender. Diese Vielfalt wollen wir für die Zukunft erhalten. In diesem Zusammenhang soll Baden-Württemberg beim Umstieg auf digitale Verbreitungswege wie DAB+ weiter eine bundesweite Vorreiterrolle einnehmen. Damit die reiche baden-württembergische Medienlandschaft, die auch viele Printmedien umfasst, wertgeschätzt und kompetent genutzt wird, werden wir die bestehenden Angebote der Medienbildung fortführen und ausbauen.

Vor dem Hintergrund der Digitalisierung setzen wir GRÜNE uns für ein zeitgemäßes Urheberrecht ein, das eine gerechte Vergütung sichert, kreatives Schaffen, wissenschaftliche Arbeit und Maßnahmen zur digitalen Langzeitarchivierung erleichtert und zudem die Kriminalisierung von Nutzerinnen und Nutzern verhindert und den Abmahnmissbrauch beendet. In den vergangenen Jahren hat sich in Baden-Württemberg eine starke Film- und Medienbranche etabliert. Wir wollen vor diesem Hintergrund die Film- und Medienförderung – insbesondere über die Mittel der Medien- und Filmgesellschaft des Landes (MFG) – weiter stärken.

Mit dem Ausbau der Filmförderung – insbesondere mit den Schwerpunkten Animation und visuelle Effekte (VFX) – wollen wir dafür sorgen, dass Baden-Württemberg seine internationale Spitzenposition in diesen Bereichen halten und weiterentwickeln kann. Dafür steht vor allem das Animation Media Cluster Region Stuttgart (AMCRS) mit seinen kreativen Dienstleister*innen und international anerkannten Hochschulen wie der Filmakademie Ludwigsburg. Im Bereich der Medienförderung ist auch der Ausbau der Förderung von qualitativ hochwertigen Computerspielen wichtig. Games sind fester Bestandteil insbesondere der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Sie sind wie Medienkunst und elektronische Musik längst als Kulturgut gesellschaftlich anerkannt. Für unsere Kreativwirtschaft sind diese mittlerweile auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor – mit Weltmarktführern aus dem Online-Bereich auch in Baden-Württemberg.