d) Gemeinwohlökonomie: Alte neue Formen des Wirtschaftens fördern

Wir GRÜNE stehen für eine Politik des Ermöglichens. Jede und jeder Einzelne soll die Möglichkeit haben, Neues auszuprobieren, ohne Angst vor dem Scheitern. Wir freuen uns, dass immer mehr Menschen in Baden-Württemberg die Courage und den Erfindergeist haben, neue Formen des Wirtschaftens auszuprobieren. Wenn ganze Stadtteile gemeinsam Gemüse und Blumen anbauen oder Kleider nicht mehr gekauft, sondern getauscht werden, entsteht eine neue Form des Wirtschaftens, die der Gemeinschaft zugutekommt.

Weil jede*r einzelne etwas beitragen kann, werden wir kreative Ansätze wie Reparatur-Cafés und Tauschbörsen vermehrt unterstützen. Gemeinwohlökonomien oder solidarische Ökonomien sind für uns GRÜNE soziale Innovationen, die die Bürgergesellschaft stärken. Darum werden wir derartige Modelle fördern und ihnen Raum zum Wachsen geben. Eine Möglichkeit, wie Unternehmen ihre Wertschöpfung transparent und umfassend darstellen können, sind Gemeinwohlbilanzen. In Baden-Württemberg haben bereits einige Unternehmen begonnen, diese Art der Bilanzierung anzuwenden. Diese wollen wir unterstützen und die Initiativen bekannter machen. Unser langfristiges Ziel ist es, dass alle Landesunternehmen eine Gemeinwohlbilanz vorweisen.

Ein Pilotprojekt „Gemeinwohlbilanz bei Unternehmen mit Landesbeteiligung“ streben wir an. Dieses Pilotprojekt soll wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden. Diese Erkenntnisse wird das Land privatwirtschaftlichen Betrieben, die dies wünschen, zur Verfügung stellen und so Unternehmen fördern, die ihr wirtschaftliches Handeln mit Hilfe einer Gemeinwohlbilanz neu ausrichten möchten. Dies gilt auch insbesondere für kommunale Unternehmen. Natürlich ist für uns auch bei neuen Formen des Wirtschaftens die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards selbstverständlich.

Insbesondere die Sparkassen werden wir darin unterstützen, ihren öffentlichen Auftrag ins Zentrum ihrer Arbeit zu rücken. Sie sollen eine ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise, der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstands, und der öffentlichen Hand mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche sicherstellen. Wir wollen das Ziel des nachhaltigen Wirtschaftens und der Gemeinwohlorientierung stärken und gemeinsam mit den Sparkassen geeignete Instrumente entwickeln, wie zum Beispiel Gemeinwohl- und Nachhaltigkeitsberichte und eine Verankerung dieses Ziels im Sparkassengesetz.

Wir machen uns stark für den Erhalt des öffentlich-rechtlichen Sparkassensektors, wo immer dieser zur Disposition steht. Es braucht am Finanzmarkt regionale Akteure, die anders wirtschaften als die globalen Investmentbanken und die dem Gemeinwohl verpflichtet sind.

Nach den Turbulenzen der Finanzkrise ist die Landesbank BW wieder in ruhigeren Gewässern. Dennoch ist die Konsolidierung noch nicht abgeschlossen. Die GRÜN-geführte Landesregierung hat u.a. mit der Wandlung der stillen Einlagen in Kernkapital dazu beigetragen, dass die Bank die neuen Anforderungen der EU-weiten Bankenregulierung erfüllt und auch in schwierigen Situationen handlungsfähig bleibt. Den eingeschlagenen Sanierungskurs der Landesbank und das Ziel, sich stärker auf Investitionen in Land und Mittelstand zu konzentrieren, werden wir weiter unterstützen. Die begonnene Nachhaltigkeitsstrategie der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), wonach ökologische, soziale und gesellschaftliche Aspekte zukünftig verstärkt auch in Entscheidungsprozessen bei Anlagen, Investments und Kreditvergaben berücksichtig werden, unterstützen wir nachdrücklich.

Auf Bundes- und EU-Ebene setzen wir uns ein für eine sachgerechte Bankenregulierung, die die Besonderheiten des dreigliedrigen deutschen Bankensystems berücksichtigt. Kleine, regional tätige Institute mit traditionellem Bankgeschäft kommen immer wieder durch Regeln unter Druck, die für die Großbanken ausgedacht wurden und nur für diese passen. Das benachteiligt viele der Genossenschaftsbanken und Sparkassen in Baden-Württemberg, begünstigt die Großbanken und damit die Marktkonzentration. Wir unterstützen deshalb die Idee, einen eigenständigen Regulierungsansatz für kleine, regionale Banken zu schaffen, der zwar harte, aber einfache und auf deren Geschäftsmodell ausgerichtete Regeln vorsieht.

Den Genossenschaftsgedanken stärken

Genossenschaften sind eine Möglichkeit für Bürgerinnen und Bürger, sich vor Ort unternehmerisch zu engagieren. Bereits jetzt sind mehr als ein Drittel aller Bürgerinnen und Bürger Baden-Württembergs Mitglied mindestens einer Genossenschaft. Da das primäre Ziel von Genossenschaften nicht die Erwirtschaftung von Gewinnen, sondern die Förderung der Mitglieder ist, werden Entscheidungen in demokratischen Verfahren von allen Mitgliedern getroffen.

Wir setzen die Rahmenbedingungen, damit das Genossenschaftsmodell kreativ und vielseitig mit Leben ausgefüllt werden kann. Ob für Arztpraxen, Dorfläden, Erzeugergemeinschaften, Wohnungen, Bürgerbusse oder Energieerzeugung – Genossenschaften sind ein Erfolgsmodell, um gerade den Ländlichen Raum stark zu machen. Jenseits von Genossenschaftsmodellen wollen wir auch Einzelpersonen ermutigen, sich mit ihrer Idee selbstständig zu machen. Gerade im Zuge der Digitalisierung eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten für dezentrales, kleinräumiges Wirtschaften und damit die Möglichkeit, Wertschöpfung vor Ort zu belassen. Was die Finanzierung solcher Ideen angeht, wollen wir mit Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken in Kontakt treten, um zu überlegen, wie wir gemeinsam alternative Gründungsfinanzierungen wie Crowdfunding unterstützen können.

Zeichen setzen für ein nachhaltiges Baden-Württemberg

Um Nachhaltigkeit zum zentralen Entscheidungskriterium von Regierungs- und Verwaltungshandeln zu machen, hat die GRÜN-geführte Landesregierung Herausforderungen, Leitsätze und strategische Ziele für eine nachhaltige Entwicklung Baden-Württembergs entwickelt. Wohlstand und Lebensqualität können nicht mit Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gleichgesetzt werden. Deshalb wollen wir Wohlstand künftig anders messen und neben dem BIP auch ökologischen Fußabdruck, Verteilung und Zufriedenheit erfassen. Über einen Indikatoren-Bericht werden die Nachhaltigkeitsindikatoren alle zwei Jahre überprüft. Damit machen wir Nachhaltigkeit in Baden-Württemberg erstmals messbar.

Im Rahmen der Neuausrichtung der Nachhaltigkeitsstrategie hat die GRÜN-geführte Landesregierung neue Schwerpunkte gesetzt und konkrete Aktionsprogramme aufgelegt, über die wir die Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Nachhaltigkeitsstrategie einbeziehen und möglichst viele gesellschaftliche Gruppen beteiligen. Besonders relevante Zielgruppen werden über die Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit, die Jugendinitiative Nachhaltigkeit und die Kommunale Initiative Nachhaltigkeit angesprochen.

Seit seiner Einberufung hat der Beirat der Landesregierung für nachhaltige Entwicklung eine Vielzahl von Themen aufgegriffen, Handlungsempfehlungen und konkrete Maßnahmen vorgeschlagen. Durch seine Zusammensetzung aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen können Diskussionen auf einer breiteren gesellschaftlichen Basis stattfinden.

Wir wollen Nachhaltigkeit auch in Zukunft als Markenzeichen Baden-Württembergs etablieren. Hierzu wollen wir den Beirat der Landesregierung für nachhaltige Entwicklung stärken und die Arbeit in den verschiedenen Arbeitsgruppen des Beirats intensivieren. Vielerorts wird das Thema Nachhaltigkeit nach wie vor als klassisches Umweltthema begriffen. Dies wollen wir ändern und Nachhaltigkeit stärker als interdisziplinäres Thema – insbesondere auch für die Wirtschaft – in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Auch im Regierungs- und Verwaltungshandeln gilt es, eine ressortübergreifende Handlungsweise noch stärker in allen Fragen der Nachhaltigkeit zu verankern.