Klarstellung zur Beratung der zweiten Rheinbrücke im Rechnungsprüfungsausschuss

Pressemitteilung von Tobias Lindner MdB

Nachdem der Bundesrechnungshof die geplante zweite Rheinbrücke in seinen Bemerkungen 2014 als nicht notwendig und nicht wirtschaftlich erklärt hat, schrillen bei den Befürwortern des teuren Neubauprojekts die Alarmglocken. Der Rechnungsprüfungsausschuss hat sich gemäß seiner Aufgabe mit der Bemerkung in seiner Sitzung am 22. Mai auseinander gesetzt. Die sachliche Auseinandersetzung mit den Fakten hat bei einigen Befürwortern scheinbar hektische Betriebsamkeit ausgelöst. An dieser Stelle möchte ich als langjähriges Mitglied und Obmann meiner Fraktion im Rechnungsprüfungsausschuss darlegen was tatsächlich beraten und entschieden wurde und was der Phantasie der Befürworter entsprungen ist.

Allgemein zum Rechnungsprüfungsausschuss und zum Verfahren

Der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages fasst als einziges Gremium seine Beschlüsse (mit Ausnahme der Entlastung der Bundesregierung) immer einstimmig. Hierzu gibt es ein eingeübtes, mehrstufiges Verfahren, wie die unterschiedlichen Standpunkte von Haus, Hof und Fraktionen in einem Beschlussvorschlag geeint werden – so auch bei der Prüfbemerkung zur zweiten Rheinbrücke. Zuerst findet ein Berichterstattergespräch zur Bemerkung statt, anschließend wird der Beschlussvorschlag durch die Obleuterunde bestätigt, bevor er schließlich im Ausschuss beraten wird. Bei circa 30 Prozent der Prüfbemerkungen erfolgen dabei – als Teil des Beschlussvorschlages – „Kenntnisnahmen“ der Bemerkungen statt „zustimmenden Kenntnisnahmen“ und zwar immer dann, wenn mindestens eine Fraktion einen Teil der Prüfbemerkung des Hofes nicht vollumfänglich teilt. Die Interpretation, dass eine bloße Kenntnisnahme der Ablehnung einer Prüfbemerkung gleich käme, ist insofern sinnbefreit, als dass der Ausschuss gar nicht über die Bemerkungen selbst abstimmt, diesen also auch nicht zustimmen oder sie ablehnen kann. (Tatsächlich existiert im Ausschuss die Phrase „Beerdigung erster Klasse“ einer Prüfbemerkung. In diesem Fall erfolgt eine reine Kenntnisnahme und es werden keine weiteren Schritte beschlossen, der Aktendeckel also geschlossen. Dies geschieht bei circa 5 Prozent aller Prüfbemerkungen und meist auch erst nach mehreren Beratungen hierzu im Ausschuss.)

Zum konkreten Fall der Prüfbemerkung zur zweiten Rheinbrücke

Hierzu fand am Montag, den 18. Mai 2015, ein Berichterstattergespräch statt, an dem neben dem Berichterstatter der Unionsfraktion die Ausschussvorsitzende und ich als Obmann der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN teilgenommen haben. Im Gespräch haben Vertreter des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur die Feststellung des Hofes, dass die zweite Rheinbrücke ohne Anbindung an die B36 keine verkehrliche Entlastung mit sich bringt, bestätigen müssen. Dieser Feststellung, die auch am Freitag in der Sitzung des Ausschusses nochmals durch den Berichterstatter der Union wiederholt wurde, wurde durch das Ministerium in der Sitzung nicht widersprochen. Wie einzelne Personen zu der Behauptung kommen, die Kritik des Hofes sei „zurückgewiesen“ worden, bleibt ein Geheimnis.

Die Bemerkungen des Hofes, dass ein wesentlicher Anteil des morgendlichen Staus durch den Knielinger Pförtner verursacht werde und dieser geöffnet werden solle, wurden ebenfalls durch das Ministerium bestätigt.

In den Beratungen ist die Frage offen geblieben, ob eine zweite Rheinbrücke dann einen verkehrlichen Nutzen und einen höheren Fernverkehrsanteil haben könnte, wenn sie an die B36 angebunden werden würde. Der Bundesrechnungshof fordert an dieser Stelle vertiefende Untersuchungen zur Planung der Anbindung selbst, der Auswirkung auf den Fernverkehrsanteil und zu den verkehrlichen Auswirkungen, was den morgendlichen Verkehr von der B36 nach Karlsruhe betrifft. Das Ministerium musste einräumen, dass diese Untersuchungen noch nicht im notwendigen Detailgrad vorliegen. Insbesondere bestand der Ausschuss in seinem Beschluss darauf, dass die verkehrlichen Auswirkungen „untersucht“ werden müssen, während das Ministerium diese bei der Planung lediglich „berücksichtigen“ wollte. Der Hof und der Ausschuss vertreten die Auffassung, dass ein Bau der Brücke nur dann erfolgen sollte, wenn der verkehrliche Nutzen einer Anbindung an die B36 nachgewiesen ist und für die Gesamtmaßnahme Baurecht besteht. Insbesondere sieht der Hof die Gefahr, dass sonst die zweite Rheinbrücke isoliert gebaut werden könnte, während weiterhin unklar ist, ob eine Anbindung nach Norden sinnvoll und realisierbar ist.

Der Rechnungsprüfungsausschuss hat sich in keine Weise für oder gegen den Bau ausgesprochen. Vielmehr haben alle Fraktionen gemeinsam auf die Notwendigkeit weiterer ergebnisoffener Untersuchungen hingewiesen.

Der Ausschuss erwartet, dass sowohl die Realisierbarkeit (in Form einer Planung) als auch der Nutzen einer Anbindung an die B36 nachgewiesen werden. Das Ministerium hat solche Informationen zeitnah zugesagt, so dass der Ausschuss bis zum 30. September einen erneuten Bericht erwartet. Dieser wird dann durch den Bundesrechnungshof bewertet und mit einer Stellungnahme versehen werden. Anschließend wird sich der Rechnungsprüfungsausschuss im Spätjahr erneut mit dem Vorgang befassen und gegebenenfalls neue Beschlüsse hierzu fassen. Auch aufgrund der kurzen Frist für einen erneuten Bericht äußert sich der Ausschuss erst einmal nicht zum laufenden Planfeststellungsverfahren.

Der Rechnungshof und der Rechnungsprüfungsausschuss konzentrieren sich in ihrer Arbeit aus guten Gründen auf die Aspekte der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit des Handelns des Bundes, so auch bei Verkehrsprojekten. Die Beratungen des Ausschusses, die einstimmig erfolgen, sind kein Ort für parteipolitischen Streit, sondern die Kontrolle der Exekutive durch die Legislative.