Resolution: Die Energiewende vor Ort vorantreiben

Von den Stadtwerken Karlsruhe (SWK) als kommunalem, stärker dem Gemeinwohl verpflichteten
Unternehmen erwarten wir aber noch mehr, nämlich

  • die Energiewende selbst aktiv voran zu bringen,
  • dem Klimawandel durch effizienten Einsatz von Primärenergie und durch die Förderung erneuerbarer Energien aktiv entgegen zu wirken und
  • ein fairer Arbeitgeber zu sein.

Bei den Stadtwerken Karlsruhe wird vieles davon geleistet. Die SWK sollten sich noch deutlich stärker als Gestalter einer lokalen Energiewende positionieren und sich ehrgeizige Ziele stecken, wie Klimaschutz in Karlsruhe erreicht werden kann.

Mehr Dienstleistungen für Energieeffizienz
So lange sich die Stadtwerke hauptsächlich als Energieversorger verstehen, sind Zielkonflikte zwischen den politischen Vorgaben zum Energiesparen und Energieeffizienz einerseits und der Notwendigkeit des Erreichens eines guten Betriebsergebnisses andererseits kaum zu vermeiden. Erst eine deutliche Anpassung im Verständnis der wesentlichen Aufgaben der Stadtwerke kann
diesen Zielkonflikt entschärfen. Letztendlich muss es gelingen, mit Energieeffizienz Geld zu verdienen. Dies erfordert eine Steigerung des Verkaufs von Energiedienstleistungen an möglichst viele KundInnen anstatt durch den Verkauf von möglichst viel Energie und möglichst viel Wasser.

Im Sommer 2011 hat die Europäische Kommission den Entwurf einer Richtlinie zur
Energieeffizienz (EED) vorgelegt. Anlass der EU-Effizienzrichtlinie war das im Jahr 2007 vereinbarte Ziel der EU-Mitgliedstaaten, den Primärenergieverbrauch im Vergleich zu 1990 bis 2020 um 20 Prozent zu senken. Inzwischen hat man sich vor kurzem auf die Inhalte der Energieeffizienzrichtlinie geeinigt. Jedoch wurde gerade auch auf Intervention der deutschen Bundesregierung der Entwurf zu unserem Bedauern an mehreren Stellen deutlich abgeschwächt. Von der Regelung, dass die jährlichen Energieverkäufe an VerbraucherInnen um 1,5% pro Jahr sinken müssen, können Ausnahmen gemacht werden und es ist noch offen, wie Deutschland die Regelung umsetzt. Die Förderung von Energieeffizienz bleibt dennoch eine wichtige Säule zur Umsetzung der Energiewende, daher sehen wir die Energieversorger in der Pflicht, zur Senkung des Energieverbrauchs beizutragen.

Wir fordern deshalb:

  • dass die SWK unabhängig von der Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie umgehend Maßnahmen entwickeln und umsetzen, die den Absatz von Strom und Wärme an die KundInnen um mindestens 1,5% pro Jahr reduzieren. Sie sollen sich weitergehend eine Reduktion des Absatzes um 15% bis 2020 zum Ziel setzen, was jährlichen Einsparungen von 1,75% entspricht.
  • dass die Stadtwerke über die Fortschritte zur Zielerreichung im Geschäftsbericht transparent und nachvollziehbar berichten werden.
  • dass die SWK, um auch bei reduziertem Absatz von Strom, Gas und Fernwärme weiterhin profitabel zu sein, ihre Contracting-Angebote im Wärme-, aber auch im Strombereich deutlich ausbauen (z.B. Licht-Contracting bei GeschäftskundInnen). Ziel muss neben der Wirtschaftlichkeit sein, die CO 2 -Bilanz durch die Art der Energieversorgung auch in der Langfristbetrachtung deutlich zu reduzieren. Gleichzeitig sollten vergleichsweise neue Beratungsfelder wie Druckluft oder Kälte aus Wärme intensiviert werden. Der Schwerpunkt im Contracting sollte auf der Sanierung öffentlicher Gebäude liegen, da hier innerhalb und außerhalb von Karlsruhe große Potentiale liegen.

Strategie nicht auf Fernwärme verengen
Traditionell gibt es in Karlsruhe einen hohen Anteil an Fernwärme mit Wärmequellen aus dem SWK-eigenen Heizwerk, den Kohlekraftwerken RDK 7 und bald RDK 8 und der MiRO-Raffinerie. Von diesen Wärmequellen ist nur die Abwärme der MiRO CO 2 -neutral. Die Auskopplung von Fernwärme aus Kohlekraftwerken erhöht zwar deren Gesamtwirkungsgrad, aber sie senkt gleichzeitig den elektrischen Wirkungsgrad, weshalb die Wärme nicht als reines Abfallprodukt betrachtet werden kann. Verglichen mit einer Stromerzeugung aus hocheffizienten Kraftwerken (z.B. GuD-Kraftwerken) oder aus erneuerbaren Energien, jeweils in Kombination mit einer entsprechend effektiven Gebäudedämmung, schneidet Kraft-Wärmekopplung in Kohlekraftwerken in ihrer Klimabilanz oft schlecht ab.

Fernwärme aus Kohlekraftwerken kann höchstens kurz- und mittelfristig eine umweltschonende Wärmeversorgung sein, insbesondere für Altbauten, die nur schwer energetisch saniert werden können. Die hohen Investitionskosten zum Aufbau und Instandhaltung des Netzes bergen jedoch die Gefahr, dass die Fernwärme möglichst langfristig genutzt wird – und damit auch die Kohlekraftwerke als Produktionsstätten der Fernwärme möglichst lange betrieben werden. Bei RDK 7 können wir dies bereits heute gut beobachten. Dadurch wird die fossile Energieversorgung zementiert und der Gestaltungsspielraum für die Energiewende künstlich verengt. Auch ökonomisch ist die Fokussierung auf Fernwärme aufgrund möglicher Änderungen der Temperaturverläufe in Folge des Klimawandels und aufgrund verstärkter Anstrengungen in der Gebäudedämmung riskant.

Wir fordern deshalb:

  • dass die Stadtwerke nach Fertigstellung der derzeit im Bau befindlichen 3. Hauptleitung ihren Schwerpunkt auf andere Geschäftsfelder als die Fernwärme legen. Das bedeutet: keinen weiteren Ausbau des Fernwärmenetzes über die 3. Hauptleitung hinaus und keinen Ausbau der Fernwärmeerzeugung, sofern es sich nicht um CO2-neutrale reine Abwärme handelt.
  • dass die SWK es sich zum Ziel machen, allen KundInnen die jeweils für ihre Bedingungen klimafreundlichste Wärmebereitstellung anzubieten. Dafür müssen auch in Fernwärmeversorgungsgebieten Beratung und Produkte zu Solarthermie, Erd-Wärmepumpen oder auch Wärmedämmung angeboten werden. Eine Nahverdichtung des Fernwärmenetzes sollte nur dort vorgenommen werden, wo es langfristig ökologisch sinnvoll ist.
  • dass die SWK prüfen, in wieweit die zu erwartenden Überkapazitäten an Fernwärme sinnvoll verwendet werden können, zum Beispiel im Bereich Kühlung.

Erneuerbare Energien ausbauen
Im Zeichen der Energiewende müssen auch die Stadtwerke Karlsruhe ihren Beitrag zur Stärkung erneuerbarer Energien leisten. Leider ist dies bisher in viel zu geringem Ausmaß geschehen. Derzeit tragen[in Karlsruhe regenerative Erzeugungskapazitäten gerade einmal 1,7% zur Stromabgabe in das Karlsruher Netz bei. Den Hauptteil davon machen sogar nicht die Anlagen der Stadtwerke aus, sondern von anderen Unternehmen und Privatpersonen installierte Wind-, Biomasse und Photovoltaikanlagen. Die Stadtwerke haben mit der Errichtung der Karlsruher Solarparks den richtigen Weg eingeschlagen und sollten diesen nun deutlich konsequenter weitergehen. Mit mehr eigenen Kapazitäten an erneuerbarer Stromerzeugung können die Stadtwerke die Energiewende vor Ort fördern.

Wir fordern deshalb:

  • dass die Stadtwerke ihre regenerative Erzeugungskapazität bis 2020 auf mindestens 60 MW (Neuanlagen) steigern. Das können sowohl eigene Erzeugungsanlagen als auch Beteiligungen an solchen sein. Der Schwerpunkt der Investitionen sollte in der Region in und um Karlsruhe liegen, um gleichzeitig die regionale Wertschöpfung zu fördern und die Notwenigkeit des Ausbaus von Strom-Fernleitungen nicht weiter zu erhöhen. Die Stadtwerke sollen auch über 2020 hinaus Ziele und Umsetzungsstrategien für weitere Schritte (2030/2040/2050) hin zu einem Anteil von 100% erneuerbarer Energie erarbeiten und veröffentlichen.
  • dass die SWK zur Förderung der erneuerbaren Energien die lokale Bevölkerung mit einbeziehen und ihr die Möglichkeit eröffnet, sich auch finanziell am Ausbau zu beteiligen. Mit den Solarparks haben die Stadtwerke bereits viele Erfahrungen gesammelt und erfolgreich Bürgerinnen und Bürger am Ausbau der lokalen Photovoltaik-Leistung teilhaben lassen. Durch zukünftige Beteiligungsmodelle, wie bspw. Bürgerwindparks, können die SWK ihre Kompetenzen nutzen, um mit mehr Geld aus Karlsruhe mehr zu bewegen.
  • dass die Stadtwerke darüber hinaus ein überzeugendes Ökostromprodukt anbieten, das nicht auf RECS-Zertifikate setzt, sondern grünen Strom direkt vom Hersteller kauft. Hierbei sollten sie anstreben, das „ok-Power-Label“, das „Grüner Strom Label“ oder ein ähnlich strenges Gütesiegel für das Ökostromangebot zu erlangen. Neben einem „normalen“ Ökostromtarif soll dabei weiterhin ein Tarif mit Preisaufschlag angeboten werden, der dem Ausbau regenerativer Energien dient. Hierbei sollten die KundInnen in die Entscheidung, was mit den Preisaufschlägen finanziert wird, einbezogen werden.

Innovationen und neue Geschäftsmodelle für mehr Nachhaltigkeit
Mit seinen vielen IT-Unternehmen und einer starken Forschung im Bereich der Informatik ist Karlsruhe ein idealer Standort, um die zukünftige intelligentere Energieversorgung bereits heute zu erforschen, auszubauen und zukünftige Geschäftsfelder daraus zu entwickeln. Die SWK als lokaler Partner haben sich bereits an Forschungsaktivitäten hierzu beteiligt, sollten diesen Bereich aber noch weiter ausbauen, um besser auf die Bedingungen eines Marktes, in dem es weniger auf die verkauften Kilowattstunden und mehr auf ganzheitliche und nachhaltige Produkte ankommen wird, vorbereitet zu sein. Eine Chance bieten z.B. der Aufbau eines virtuellen Kraftwerks. Hierunter versteht man eine Zusammenschaltung von kleineren dezentralen Stromerzeugungseinheiten (z.B. Photovoltaikanlagen oder Mini-Blockheizkraftwerken) oder auch flexiblen Verbrauchern (z.B. Kühlhäuser) zu einem größeren Verbund, der dann zentral gesteuert und vermarket werden kann. Es kann[je nach angeschlossenen Anlagen zum Verkauf von Strom an der Börse oder zum Anbieten von Regelenergie eingesetzt werden.

Wir fordern deshalb:

  • dass die SWK Konzepte prüft, wie durch informationstechnische Vernetzung das Stromsystem intelligent optimiert werden kann, dies erforschen und zukünftige Geschäftsmodelle daraus ableiten. So würden die Stadtwerke die IT-Infrastruktur aufbauen, die ein zukünftiges intelligentes Energiesystem benötigt, das sich vorrangig oder vollständig auf erneuerbare Energien stützt.
  • dass die Stadtwerke auch für ihre KundInnen innovative Produkte anbieten, mit denen diese bei der Zukunft der Energieversorgung schon heute mitmachen können. Intelligente Strom-, Gas- oder Wärmezähler beispielsweise, über die man genaue Informationen über seinen aktuellen Verbrauch erhält, ermöglichen es VerbraucherInnen, Einsparpotentiale zu erkennen und umzusetzen. Hier ist allerdings auf datenschutzrechtliche Belange der VerbraucherInnen zu achten. In Zukunft sollte auch die Einführung von variablen Stromtarifen Anreize setzen, Strom dann zu verbrauchen, wenn das Angebot an erneuerbaren Energien gerade groß ist und dann zu sparen, wenn Wind und Sonne gerade knapper sind.
  • dass die SWK Förderangebote im Bereich Mobilität (z.B. Pedelecs und Erdgasautos) weiter ausbaut und viel offensiver bewirbt, sodass die KundInnen die Angebote schnell finden und nutzen können und Karlsruhe zum Vorreiter in Sachen nachhaltiger Mobilität wird.

Transparenz und Glaubwürdigkeit
Der transparente Zugang zu Informationen ist im liberalisierten Markt die Voraussetzung, um Glaubwürdigkeit und Vertrauen bei den KundInnen zu schaffen bzw. dieses wieder herzustellen. Dies wird langfristig auch die Kundenbindung fördern.

Die Stadtwerke Karlsruhe sind bei der KundInnenbindung überdurchschnittlich erfolgreich gegenüber anderen etablierten Energieversorgern, dennoch müssen auch die Stadtwerke mit einem forcierten Wettbewerb um Strom- und Gaskunden umgehen und Strategien entwickeln, die die KundInnenbindung stärken. Nur wenn es den Stadtwerken gelingt, transparent darzustellen, wie sie den energiewirtschaftlichen Wandel ökologisch, versorgungssicher und zu annehmbaren Preisen gestalten wollen, kann die hohe Kundenbindung erhalten bzw. verlorene KundInnen zurückgewonnen werden.

Transparente und nachvollziehbare Strom-, Gas-, Fernwärme – und Wasserrechnungen tragen zudem dazu bei, dass KundInnen ihren Energie- und Wasserverbrauch über die Jahre verfolgen können und vielleicht sogar zum Energiesparen angeregt werden. Ebenso sehen wir den Verzicht auf RECS-Zertifikate als wichtige vertrauensfördernde Maßnahme.

Forderungen an die Politik
Die Stadtwerke haben die Möglichkeit, den konsequenten Wechsel hin zu einer klimafreundlichen, transparenten und dezentraleren Energieerzeugung und den damit verbundenen Dienstleistungen direkt zu beeinflussen. In Ergänzung gibt es politische Rahmenbedingungen, die angepasst werden müssen, damit dieser Weg erfolgreich beschritten werden kann.

Aus unserer Sicht sind daher die folgenden Handlungsfelder zentral:

  • Sehr kritisch sehen wir, dass HauseigentümerInnen von Auflagen zur energetischen Sanierung befreit sind, sobald sie Fernwärme nutzen. Deshalb fordern wir die Sonderrechte der Fernwärme zu streichen. Nur so kann langfristig die deutliche Reduktion des CO2- Austoßes für den Wärmesektor gelingen. Gleichzeitig wird dadurch auch ein wirtschaftlich positiver Effekt eintreten, da die Pflicht zur Sanierung das lokale Handwerk stärkt und gleichzeitig durch den vergrößerten Markt die Preise für die energetische Sanierung von Gebäuden erschwinglich bleiben.
  • Die Landesregierung soll ihren Einfluss als Großaktionär der EnBW geltend machen und anstreben RDK 7 abzuschalten, sobald RDK 8 an das Fernwärmenetz angeschlossen ist. Alternativ ist zu prüfen, ob RDK 7 als Kaltreserve geeignet ist. Ebenso ist zu prüfen, ob der Bau des Gas- und Dampfkraftwerk RDK 6 sinnvoll ist.
  • Das Baugesetzbuch und die Landesbauordnung geben den Kommunen die Möglichkeit, bestimmte Energieträger in Bebauungsplänen auszuschließen – eine Möglichkeit, von der die Stadt Karlsruhe in 36 Fällen Gebrauch gemacht hat. Dieses Instrument kann im Sinne der Energiewende genutzt, aber auch zum Hemmschuh werden, wenn sich die gesellschaftlichen Ziele oder die technischen Möglichkeiten ändern, die Festsetzungen aber zementiert sind. Hier fordern wir eine regelmäßige Überprüfung der Vorschriften oder zumindest die Entwicklung eines Verfahrens, das schnell und unbürokratisch Ausnahmen erlaubt. [nli[gt]
  • Natürlich müssen wir uns auch mit Zielkonflikten auseinandersetzen die der Ausbau der regenerativen Energien mit sich bringt. Konflikte zwischen Ausbau der Windkraft und Naturschutz, zwischen Anbau von Energiepflanzen, dem Schutz der Biodiversität und der Nahrungsmittelproduktion machen es notwendig, die gesetzlichen Regelungen immer wieder auf Fehlentwicklungen zu überprüfen und anzupassen

Verabschiedet auf der Mitgliederversammlung am 12.09.2012.