Sylvia Kotting-Uhl bewirbt sich für Bundestagswahl 2017

sylviaAm Mittwoch, 12. Oktober, findet im verdi-Haus (Rüppurrer Str. 1 a, Karlsruhe) die Nominierungsveranstaltung für den Kandidaten / die Kandidatin der Karlsruher Grünen bei der kommenden Bundestagswahl 2017 statt. Alle Mitglieder sind dazu herzlich eingeladen.

Dem Kreisvorstand liegt dazu die nachstehende schriftliche Bewerbung unserer Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl vor:

Liebe Karlsruher Freundinnen und Freunde,

ich bitte euch, mich wieder als Karlsruher Kandidatin für den Bundestagswahlkampf zu nominieren.

Der nächste Bundestagswahlkampf wird um nichts weniger hart werden als der letzte. Die SPD kämpft um ihr politisches Überleben als Volkspartei. Die CDU wird gerade in Baden-Württemberg zeigen wollen, dass sie uns in die Knie zwingen kann. Als zusätzlichen und eigentlichen politischen Gegner werden wir eine aufgrund ihrer zweistelligen Wahlergebnisse in allen letzten Landtagswahlkämpfen sehr selbstbewusste AfD haben. Diesen Hetzern ist es bereits gelungen die politische Debatte in Deutschland nach rechts zu ziehen. Es wäre noch vor zwei Jahren unvorstellbar gewesen, dass der Generalsekretär einer im Bundestag vertretenen Partei von einem “Fußball spielenden, ministrierenden Senegalesen” als “das Schlimmste” spricht oder eine Bundestagsabgeordnete der CDU von der “Umvolkung Deutschlands”, die bereits begonnen habe.

Es ist in weiten Teilen unserer Gesellschaft akzeptabel geworden, Integration von Migrant*innen nicht mehr einzufordern, sondern ganz offen nicht zu wollen. Der Gesellschaftsentwurf der AfD entspricht den 50ern – mit dem Nationalstaat als das Maß der Dinge, Ächtung von Homosexuellen und Alleinerziehenden und Euphorie über Atomkraft. Das ist kein Lösungsansatz für die Probleme des 21. Jahrhunderts. Aber leider dürfen wir diese neuen Rattenfänger nicht unterschätzen. Wir werden mit aller Kraft kämpfen müssen für die Errungenschaften unseres Landes, die so häufig grüne Errungenschaften sind: Weltoffenheit, Freiheit, ökologisches Bewusstsein, Solidarität, Empathie für Menschen, die es – aus welchen Gründen auch immer – schwer haben.

Als atompolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion arbeite ich im Kerngeschäft der Grünen. In der noch laufenden Wahlperiode war die Endlagerkommission, in der ich die grüne Bundestagsfraktion vertreten habe, mein zeitintensivstes Arbeitsfeld. Wir haben inzwischen unseren 600 Seiten starken Bericht abgegeben und ich bin mit unseren sehr grün geprägten Ergebnissen sehr zufrieden. Wir haben die Grundlagen geschaffen für ein tatsächlich ergebnisoffenenes, wissenschaftsbasiertes, transparentes und partizipatives Suchverfahren. Nun müssen unsere Empfehlungen noch durch das parlamentarische Verfahren. 2018 könnte die neue Endlagersuche dann beginnen. Zumindest die erste Zeit, bis die Partizipationsgremien eingespielt sind, wird noch intensive parlamentarische Begleitung – gerade von grüner Seite – brauchen.

Das “normale” Oppositionsgeschäft lief jenseits des Ringens um konsensuale Beschlüsse in der heterogen besetzten Kommission weiter. Mit Gutachten und Fachgesprächen vor Ort habe ich mich um die grenznahen Risiko-AKW gekümmert, Schwerpunkte Fessenheim, Cattenom und Temelin. Den Sicherheitsdefiziten von Gundremmingen bin ich weiterhin auf der Spur, mit dem BMUB liege ich da in einem Rechtsstreit wegen Unterlageneinsicht. Laufende Verfahren habe ich auch vor dem Aarhus- und dem Espoo-Komitee. Bei beiden Komitees führe ich Beschwerde gegen Großbritannien wegen des geplanten AKW-Neubaus Hinkley Point C. Großbritannien hat dazu keine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Mit diesen wenigen Beispielen will ich es belassen – der Kampf gegen die Atomkraft ist jedenfalls noch lange nicht beendet. Wie wir in Deutschland die sechs größten AKW 2021/22 abschalten wollen, wenn die Energiewende weiterhin von Bundesebene aus so stümperhaft verfolgt wird, bleibt überdies das Geheimnis des Wirtschaftsministers.

Wenn wir die Klimakrise bewältigen wollen, wenn wir verhindern wollen, dass 200 Millionen Menschen in die Flucht getrieben werden, weil ihre Heimat untergeht oder ausdörrt – Menschen die das Leben in den saturierten Ländern des Nordens noch ganz anders durcheinander bringen werden als die Zahlen von 2015, dann haben wir viel zu tun. Fluchtursachen bekämpfen heißt vor allem auch die Klimakrise bekämpfen. In der Energiepolitik müssen wir Ernst machen mit der Sektorkopplung. Natur- und Biodiversitätsschutz müssen oben auf die Agenda. Die Massentierhaltung muss beendet werden, die Agrarwende endlich begonnen und – auch wenn wir das leider nie wieder laut sagen – wir brauchen andere Ideen von Ernährung als weltweit wachsenden Fleischkonsum. Bei uns mit all dem anzufangen, im Land des Atomausstiegs und des EEG, wäre ein guter Anfang.

Liebe Freund*innen im Kreisverband Karlsruhe,

ich habe, glaube ich, in meinem Themenbereich einen guten Job gemacht in den letzten Jahren. Vielleicht ist das auch mit Grund dafür, dass sich außer mir auf Bundesebene niemand mehr in die Anti-Atom-Arbeit reinkniet. Kontakt- und Referentenanfragen werden an mein Büro weitergereicht. “Das macht die Sylvia!” Ja, sie macht es gern, und die Sylvia weiß, dass der Kampf gegen die Atomkraft und für den bestmöglichen Umgang mit seiner eine Million Jahre strahlenden Hinterlassenschaft noch eine Zeitlang kraftvolles Interesse und kompetentes Engagement braucht. Deshalb kandidiere ich noch einmal.

Ich finde, dass es keinen besseren Wahlkreis für eine atompolitische Sprecherin der Grünen gibt als Karlsruhe, die Wiege der Atomkraft, die bei aller Vernebelung der Bezeichnungen – das Kernforschungszentrum wurde zum KIT Campus Nord, das von Euratom finanzierte Institut für Transurane zum Joint Research Center – mit der kürzlich verkündeten Konzentration der nuklearen Euratom-Forschung in Karlsruhe ihrem Namen gerade wieder Ehre macht.

Ich weiß, es bleiben Wünsche offen. Viele von euch wünschen sich mehr Anwesenheit von mir in Karlsruhe. Ich kann euch hier keine grundlegende Veränderung für die nächste Wahlperiode versprechen. Nach der atompolitisch extrem beanspruchten Wahlperiode 2009-2013 dachte ich in dieser WP mehr Zeit zu haben. Das ist nicht so und nichts deutet darauf hin, dass es in den nächsten Jahren so werden wird. Die Ansprüche aus anderen Kreisverbänden, Bundesländern und auch aus dem Ausland, von Instituten und Gremien an mich zu Vorträgen und Diskussionen nehmen eher zu. Ich persönlich finde, dass in Karlsruhe mit unseren beiden direkt gewählten Landtagsabgeordneten, der Staatssekretärin, 10 Gemeinderät*innen und einem Umweltbürgermeister so viel geballte grüne Präsenz ist, dass es dem grünen Einfluss in Karlsruhe keinen Abbruch tun kann, wenn die Bundestagsabgeordnete nicht die gesamte sitzungsfreie Zeit in Karlsruhe verbringt. Der grünen Sache, die unser aller Anliegen ist, diene ich wahrscheinlich mehr, wenn ich weiterhin so viel unterwegs bin wie bisher.

Aber das entscheidet ihr am 12. Oktober. Ich bitte euch um euer nochmaliges Vertrauen und euren Auftrag für die Fortführung meiner Arbeit. Ich würde mich freuen, noch einmal eure Bundestagskandidatin zu sein und für weitere vier Jahre eure Bundestagsabgeordnete.

Bis zum Mittwoch nächster Woche

mit herzlichen Grüßen

Sylvia