Am gestrigen Dienstag hat der Rat der EU an 92 Länder Briefe verschickt, um bis Ende 2017 eine Liste “steuerpolitisch nicht kooperativer Staaten” aufzustellen. Im November 2016 hatten sich die EU-Finanzminister auf grobe Kriterien für eine solche Schwarze Liste der EU geeinigt. Erfüllt ein Land Mindeststandards bei Steuertransparenz und gerechter Besteuerung nicht, kommt es auf die EU-Liste der Steueroasen. Die genaue Ausgestaltung der Kriterien steht allerdings noch aus und soll an diesem Freitag in der Hochrangigen Ratsarbeitsgruppe Steuern zum wiederholten Male besprochen werden. Insbesondere das Kriterium “gerechte Besteuerung” ist hoch umstritten, da einige wenige EU-Mitgliedstaaten die Nullbesteuerung von Gewinnen als zulässig erachten.
Für eine Vorauswahl von Ländern für die Schwarze Liste der EU hat die Kommission alle Länder anhand objektiver Indikatoren wie wirtschaftliche Verflechtung mit der EU, Bedeutung des Finanzsektors und rechtliche Stabilität analysiert. Darauf aufbauend hat nun die nicht-öffentlich tagende Ratsgruppe “Verhaltenskodex Unternehmensbesteuerung” 92 Länder ausgewählt, die genauer untersucht werden sollen. Auch die USA werden analysiert, EU-Mitgliedsländer werden nicht überprüft.
Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, kommentiert:
“Es ist ein Schlag ins Gesicht aller ehrlichen europäischen Steuerzahler, dass Großbritannien, Irland und Luxemburg eine echte Schwarze Liste mit harten Kriterien blockieren. Die von den Mitgliedstaaten diskutierten Kriterien der Schwarze Liste sind deutlich schwächer als von der Kommission vorgeschlagen. Insbesondere Großbritannien versucht, seine Territorien Jersey und Guernsey zu schützen, bevor es die EU verlässt.
Es ist richtig, dass man die USA genauer überprüft. Einige US-Bundesstaaten erlauben den Eigentümern von Treuhandkonten, anonym zu bleiben. Damit ermöglichen sie Steuerflucht und Geldwäsche. Die USA weigern sich, konsequent am internationalen Austausch von Steuerdaten teilzunehmen. Und anders als in der EU-Geldwäscherichtlinie und der internationalen FATF vorgeschrieben, müssen Banken in den USA nicht die Personalien der wirtschaftlich berechtigten Kontoinhaber abfragen. Die EU dürfen davor nicht mehr aus politischen Gründen die Augen verschließen.
Es ist absurd, dass die EU eine Schwarze Liste im Dunkeln erstellt. Die Ratsarbeitsgruppe Verhaltenskodex Unternehmenssteuern tagt nicht-öffentlich und kann hier nur einstimmig Entscheidungen treffen. Seit ihrer Gründung 1998 hat sie es nicht geschafft, schädliche Steuerpraktiken innerhalb der EU effektiv zu bekämpfen. Es ist ein schlechter Witz, dass ausgerechnet diese Gruppe nun die EU-Liste der Steueroasen erstellen soll. Steuertransparenz beginnt im eigenen Vorgarten.”
Die Einigung der EU-Finanzminister auf grobe Kriterien für die Schwarze Liste findet sich hier:
Der Entwurf des Briefes, der diese Woche an 92 Länder geschickt wurde, findet sich hier:
https://g8fip1kplyr33r3krz5b97d1.wpengine.netdna-cdn.com/wp-content/uploads/2017/01/LETTER.pdf
Die 92 Länder, die genauer untersucht werden, bestehen aus den 86 Ländern aus den Tabellen II. und II. sowie weiteren sechs Finanzzentren aus den Tabellen III. bis V.:
https://www.sven-giegold.de/wp-content/uploads/2017/02/2016-09-15_scoreboard-indicators.pdf