b) Verlässlich, flächendeckend und attraktiv: ÖPNV in Baden-Württemberg

Wir wollen die Fahrgastzahlen im öffentlichen Verkehr in Baden-Württemberg bis 2030 verdoppeln. Dazu brauchen wir eine Offensive für einen zukunftsfähigen und innovativen ÖPNV vom Schienenverkehr über die Stadtbahn, den Regionalbus bis hin zum Ruftaxi. Wir wollen für dieses Projekt die Aktivitäten in einem strategischen Landesnahverkehrsausbauplan bündeln, der in einem breiten Beteiligungsprozess entsteht.

Nachhaltige Mobilität zeichnet sich dadurch aus, dass sie intelligent und vernetzt ist. Ein positiver Aspekt daran ist, dass mehr Menschen heute bei der Wahl ihres Verkehrsmittels flexibel sind. Folglich werden mehr verschiedene Verkehrsmittel im Alltagsverkehr genutzt. Unterstützt von Smartphone und Internet können Bus und Bahn, Auto, Rad und Fußverkehr miteinander kombiniert und Informationen zum jeweiligen Anschluss in Echtzeit gefunden werden. Wir unterstützen diese intermodale Mobilität genauso wie die unterschiedlichen Formen des Carsharing im ganzen Land, die Baden-Württemberg zum Vorreiter beim Autoteilen gemacht haben.

Den Öffentlichen Nahverkehr solide finanzieren

Baden-Württemberg fördert den Schienen- und Busverkehr auf einem im Bundesvergleich sehr hohen Niveau. Kein anderes Bundesland engagiert sich in vergleichbarer Weise für den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur, wie die Leistungen für erhöhten Lärmschutz im Rheintal oder die Beteiligung an der Elektrifizierung der Südbahn zeigen. Für den kommunalen Nahverkehr leistet das Land Investitionszuschüsse, Leistungen für Verbünde, Förderung des Schülerverkehrs und Zuschüsse an die Stadt- und Landkreise in Höhe von über 500 Millionen Euro pro Jahr. Daneben sichert das Land aus den Regionalisierungsmitteln des Bundes in Höhe von rund 700 Millionen Euro pro Jahr einen flächendeckenden Schienenverkehr.

Für einen gezielten Ausbau müssen die Finanzmittel noch stärker gebündelt und effizient eingesetzt werden. Daher wollen wir die verschiedenen Finanzierungswege reformieren und dabei eine flächendeckende Grundversorgung sicherstellen sowie finanzielle Anreize für einen ambitionierten Ausbau des ÖPNV im Sinne einer Mobilitätsgarantie setzen. Wir wollen die Verantwortung der Kommunen stärken und die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie sich eigene Finanzierungsquellen für einen ambitionierten Ausbau des ÖPNV beziehungsweise für die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben zur Luftreinhaltung erschließen können. Den Wandel des ÖPNV-Marktes wollen wir so gestalten, dass die mittelständischen Busunternehmen eine gute Zukunftsperspektive haben.

Obwohl lange Zeit die Zukunft der Nahverkehrsfinanzierung ungeklärt war, hat das Land mit der Übernahme von erheblichen Finanzierungsrisiken zahlreiche Ausbauprojekte wie die S-Bahn Rhein-Neckar Stufe 2, Breisgau S-Bahn und Stadtbahn Ulm auf den Weg gebracht. Auf Bundesebene haben wir uns erfolgreich für eine Erhöhung und Neuverteilung der Regionalisierungsmittel eingesetzt; auch ist das Bundes-Investitionsprogramm nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gesichert. Damit können nun die Bremsen bei den größeren Zukunftsprojekten wie dem Mobilitätsnetz Heidelberg, der Regionalstadtbahn Neckar-Alb, dem Stadtbahn-/S-Bahn-Ausbau auf den Fildern oder in Ludwigsburg endgültig gelöst werden.

Immer und überall gut angebunden

Unser Ziel ist eine Mobilitätsgarantie für Baden-Württemberg: Alle Orte im Land sollen an allen Wochentagen von 5 Uhr bis Mitternacht mindestens stündlich angebunden sein – egal ob mit S-Bahn, Zug, Bus oder flexiblen Angeboten, wie zum Beispiel Ruftaxi. Hierfür wollen wir Rahmenbedingungen schaffen und Anreize setzen. Darüber hinaus wollen wir auf stark frequentierten Strecken eine dichtere Taktung.

Mit dem Zielkonzept 2025 für den Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) haben wir in der Landesregierung ein ambitioniertes Konzept mit hohen Standards für die Angebote des Teils des SPNV vorgelegt, das ein ambitioniertes flächendeckendes Angebot im Ländlichen Raum mit einem nachfrageorientierten Ausbau auf den potenzialstarken Strecken verbindet. Neue Fahrzeuge, ein ausreichendes Sitzplatzangebot sowie WLAN als neuer Standard sollen Bahn fahren attraktiv machen.

Das Konzept soll schrittweise bis 2025 umgesetzt sein. Dabei haben wir selbstverständlich auch die Verbindungen im transnationalen SPNV mit unseren Nachbarländern im Blick. Zur Sicherung der Qualität im SPNV wollen wir ein regelmäßiges Qualitätsranking etablieren, in das der Zustand der Infrastruktur ebenso einfließt wie die Pünktlichkeit der Züge.

Dort, wo wichtige Zentren im Ländlichen Raum keinen Schienenanschluss haben oder wichtige Verkehrsknoten nicht direkt verbunden sind, wollen wir die Lücken im Netz durch vertaktete Schnellbuslinien schließen. Mit dem erfolgreich gestarteten Förderprogramm „Regiobuslinien“ wollen wir bis zum Jahr 2020 landesweit 50 solcher Schnellbuslinien in der Fläche umsetzen. Vor allem auch im Ländlichen Raum hat der Bus als ökologisches Verkehrsmittel eine große Bedeutung für die angestrebte Mobilitätsgarantie des ÖPNV. Wir werden dabei den Einsatz barrierefreier und emissionsarmer Busse weiter unterstützen und vorantreiben.

Bei den Fernbussen setzen wir uns dafür ein, die Bus-Terminals zu verbessern und attraktiv und barrierefrei zu gestalten. Hierfür muss der Bund klären, wer für die Instandhaltung der Bus-Terminals zuständig ist. Fernbusse müssen außerdem zugunsten eines fairen Wettbewerbs mit der Bahn ins Mautsystem aufgenommen werden. Die Fernbusterminals müssen gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein.

Digitale Systeme eröffnen neue Möglichkeiten für neue Angebotsformen für den Bus im Ländlichen Raum. Angebote wie Rufbus oder Bürgerbus bieten neue Perspektiven für flexible Bedienkonzepte überall dort, wo ein attraktiv getakteter Busverkehr im Regelbetrieb nicht umsetzbar ist. Um Impulse für bedarfsgerechte Innovationen im ÖPNV zu geben, hat die GRÜN-geführte Landesregierung 2014 das „Kompetenzzentrum Innovative Angebotsformen im ÖPNV“ eingerichtet.

Mobil ohne Barrieren

Für unsere Mobilitätspolitik ist Barrierefreiheit ein wichtiges Anliegen. Auch Menschen mit Mobilitätseinschränkungen müssen mobil sein und sich sicher bewegen können. In diesem Bereich bedarf es noch großer Anstrengungen, um Straßen und Gehwege sicher passierbar, Bahnsteige, Züge, Bahnen und Busse erreichbar und Automaten einfach bedienbar zu machen. Bis 2022 muss der öffentliche Personenverkehr barrierefrei sein. Daher werden wir gemeinsam mit dem Bund über ein Strukturprogramm Barrierefreiheit 2022 verhandeln. Landesweit werden wir einen Projektplan zur Sicherstellung der Umsetzung bis 2022 erarbeiten.

Modernisierung der Bahnstrecken

Leider kommt der Bund schon seit Jahren nicht mehr seiner Aufgabe nach, das Schienennetz zeitgemäß und sinnvoll auszubauen und zu modernisieren. Das ist verantwortungslos. Das Land dagegen will die Elektrifizierung der Südbahn Ulm-Lindau und hat seinen Beitrag zur Finanzierung dafür bereitgestellt. Auf der Gäubahn Stuttgart-Singen haben wir ein neues Fahrplankonzept mit deutlichen Verbesserungen ab 2017 aufs Gleis gesetzt. Ein historischer Erfolg ist die Einigung über den menschen- und umweltfreundlichen Ausbau der Rheintalbahn zwischen Offenburg und Basel.

Wir wollen die wichtigen anlaufenden ÖPNV-Ausbauprojekte wie die Breisgau-S-Bahn, die zweite Stufe der S-Bahn Rhein-Neckar oder den Stadtbahnausbau in Stuttgart und auf den Fildern realisieren. Außerdem wollen wir weitere Zukunftsprojekte auf den Weg bringen, wie die Regionalstadtbahn Reutlingen/Tübingen, die Ulmer Regio-S-Bahn Donau-Iller, die Bodensee-S-Bahn, die Stadtbahn Ludwigsburg oder die Stadtbahn Heilbronn Süd (Zabergäubahn). Dabei entlassen wir den Bund nicht aus seiner Finanzierungspflicht. Gleiches gilt für den Ausbau der Gäubahn und die Elektrifizierung der Südbahn, der Hochrheinbahn und weiterer noch nicht elektrifizierter Bahnstrecken.

Wir GRÜNE wollen in einem Schienenausbauprogramm systematisch die Reaktivierung von Bahnstrecken sowie die Einrichtung von zusätzlichen Bahnhaltestellen an bestehenden Schienenstrecken prüfen und auf den Weg bringen. Auch wenn wir das Projekt Stuttgart 21 nach wie vor für eine Fehlinvestition halten, ist das Ergebnis der Volksabstimmung für uns bindend. Nichtsdestotrotz werden wir GRÜNE das Bauprojekt Stuttgart 21 kritisch und konstruktiv begleiten und darauf achten, dass Umwelt-, Wasser- und Naturschutz sowie Barrierefreiheit und Sicherheit konsequent eingehalten werden. Wir lehnen weiterhin jede Übernahme von Kosten für das Projekt Stuttgart 21 durch das Land ab, die über das vertraglich bisher vereinbarte Ausmaß hinausgehen. Der Kostendeckel des Landes bei Stuttgart 21 gilt!

Tarife im Öffentlichen Nahverkehr fair gestalten

Wir wollen einen Landestarif Baden-Württemberg umsetzen, mit dem man sich über die Verbundgrenzen der Verkehrsverbünde hinweg nach dem Prinzip „eine Fahrt, eine Fahrkarte“ im ganzen Land bewegen kann. Dazu gehört für uns auch eine attraktive landesweite Netzkarte (BW-Pass) für alle öffentlichen Verkehrsmittel nach Schweizer Vorbild. Der Landestarif soll die bewährten regionalen Tarifangebote berücksichtigen.

Mit der Förderung von innovativen, bedarfsgesteuerten, digitalen Systemen wie E-Ticketing, Echtzeitinformation, elektronischer Anschlusssicherung und Busbeschleunigung wollen wir den ÖPNV noch wesentlich attraktiver machen und an die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer anpassen. Wir setzen uns dafür ein, dass digitale Echtzeitdaten, z.B. Informationen über Ausfälle und Verspätungen, unter freien Lizenzen allen, die sie nutzen möchten, zur Verfügung gestellt werden.