c) Ausbildung und berufliche Bildung: Ein attraktives Angebot für Baden-Württemberg

Um jedem jungen Menschen die besten Zukunftsperspektiven zu bieten, braucht Baden-Württemberg neben starken allgemeinbildenden Schulen und Hochschulen ein attraktives, gerechtes und zukunftsfähiges Berufsbildungssystem.

Allgemeine und berufliche Bildung sind für uns GRÜNE gleichwertig. Daher setzen wir uns für eine hohe Durchlässigkeit ein. Der Wechsel beruflich Qualifizierter in das Hochschulstudium muss genauso reibungslos möglich sein wie das Modell „Berufsausbildung statt Studienabbruch“. In beiden Fällen ist dabei ausschlaggebend, dass die bereits vorhandenen Qualifikationen anerkannt werden. Wir wollen erreichen, dass weiterführende Qualifikationen weitgehend kostenfrei angeboten werden.

Jede und jeder hat das Recht auf Ausbildung. Damit dieses Recht auch in der Praxis besteht und damit das baden-württembergische Berufsbildungssystem zukunftsfähig bleibt, verfolgen wir drei Leitziele: Wir stärken die erfolgreichen beruflichen Schulen, wir erhalten die duale Ausbildung als starkes, attraktives Angebot in der Fläche und wir reformieren das Übergangssystem Schule/Ausbildung. Wegweisend sind für uns hierbei die Empfehlungen der Enquete „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“. Diese ist im Jahr 2009 vom Landtag eingerichtet worden, um Reformen zur zukünftigen Entwicklung des beruflichen Bildungswesens aufzuzeigen.

Starke berufliche Schulen als Fundament beruflicher Ausbildung

Um die beruflichen Schulen zu stärken, hat die GRÜN-geführte Landesregierung in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, um die Unterrichtsversorgung an den beruflichen Schulen zu verbessern. Der Unterrichtsausfall in den beruflichen Schulen konnte um die Hälfte reduziert werden. Es ist unser Ziel, in allen Regierungsbezirken gleichermaßen eine stabile und verlässliche Unterrichtsversorgung sicherzustellen.

Dazu werden wir ein faires Modell der Ressourcenverteilung schaffen und weitere Anstrengungen unternehmen, um die Lehrerversorgung in den Mangelbereichen zu verbessern. Um insbesondere auch im Ländlichen Raum ein flächendeckendes Berufsschulangebot sicherzustellen, haben wir gemeinsam mit Handwerk, Industrie und Gewerkschaften einen Prozess zur regionalen Schulentwicklung angestoßen. Ein Hindernis für ein flächendeckendes Berufsschulangebot sind insbesondere die zersplitterten Berufsbilder. Um dennoch Berufsschulunterricht vor Ort sicherzustellen, können ähnliche Ausbildungsinhalte zusammengefasst werden. Wir werden vor diesem Hintergrund auf die Bundesregierung zugehen, um die längst überfällige Bündelung der Berufsausbildungen voranzutreiben.

Wir setzen uns zudem dafür ein, an beruflichen Vollzeitschulen verstärkt Ganztagsangebote und die dafür notwendige Infrastruktur einzuführen – schon allein, um den Auszubildenden eine realitätsnahe Vorstellung ihres späteren betrieblichen Arbeitsalltags zu vermitteln. In Berufen, in deren Ausbildung Landes- oder Bezirksfachklassen notwendig sind, muss für die betroffenen Jugendlichen eine bezahlbare Unterbringung in Wohnheimen sichergestellt werden. Betreiberinnen und Betreiber von Wohnheimen haben dabei ganz klar auch einen sozialen Auftrag. Daher werden wir Struktur und Finanzierung der Wohnheime überprüfen.

Wir werden die Eigenständigkeit der beruflichen Schulen weiter stärken, was ihre Ressourcenverantwortung, die Stellenbesetzungen und das Qualitätsmanagement angeht. Dazu werden wir die Aufgaben und Entlastungen der Schulleitungen neu ausrichten, z.B. auch im Verwaltungsbereich, damit ihnen mehr Freiraum für die Entwicklung ihrer Schulen zur Verfügung steht.

Alle beruflichen Schulen müssen auf die Veränderungen der Arbeitswelt durch die Digitalisierung reagieren. Wir haben deshalb in einem ersten Schritt ein Tablet-Projekt auf den Weg gebracht sowie umfangreiche Mittel für Lernfabriken 4.0, in denen komplette Industrie 4.0-Fertigungsprozesse eingerichtet werden können, zur Verfügung gestellt. Die Bildungsinhalte an den beruflichen Schulen müssen regelmäßig aktualisiert und an die technologische Entwicklung angepasst werden.

Erfahrungen im Ausland spielen in Ausbildungsberufen eine immer wichtigere Rolle. Ganz davon abgesehen sind Auslandsaufenthalte eine große persönliche, kulturelle und soziale Bereicherung. Darum unterstützen wir junge Menschen in ihrem Bestreben, während der Ausbildung internationale Erfahrungen zu sammeln – etwa über die Teilnahme am Erasmus+-Programm der EU, bei grenzüberschreitenden Kooperationen in der beruflichen Bildung oder der Ausbildung von jungen Erwachsenen aus Krisenländern.

Die Zukunft der dualen Ausbildung: Ein besseres Übergangssystem

Wir beobachten mit Sorge, dass auf der einen Seite das duale Ausbildungssystem für viele Jugendliche an Attraktivität verloren hat und auf der anderen Seite zu wenige Ausbildungsplätze in attraktiven, zukunftsträchtigen Ausbildungsberufen angeboten werden. Die duale Berufsausbildung in Betrieb und Berufsschule bietet nach wie vor beste Voraussetzungen für eine praxisnahe Ausbildung und ein erfolgreiches Erwerbsleben. Deswegen sind die Initiativen zur Stärkung der dualen Berufsausbildung, die die GRÜN-geführte Landesregierung ergriffen hat, so wichtig. Dazu gehört auch die Einführung von Englischunterricht an den Berufsschulen. Daher werden wir gemeinsam mit den Kammern und Innungen die Berufsausbildung nach dem Prinzip „So viel Berufsschulunterricht vor Ort wie möglich“ in der Fläche sichern und stärken. Zudem werden wir uns für ein starkes Netzwerk beruflicher Kompetenzzentren an den Berufsschulen einsetzen.

Es gehört zur Verantwortung der Wirtschaft, auch unabhängig von konjunkturellen Schwankungen Ausbildungsplätze in ausreichender Zahl bereitzustellen. Aber auch die öffentliche Seite kann zur Attraktivität der dualen Ausbildung nachhaltig beitragen, indem sie die Gleichwertigkeit mit allgemeinbildenden Ausbildungsgängen sicherstellt: Um den Übergang zwischen verschiedenen Ausbildungswegen zu vereinfachen und die Attraktivität der dualen Berufsausbildung zu stärken, sollte allen leistungsstärkeren Jugendlichen der ausbildungsbegleitende Erwerb der Fachhochschulreife oder der mittleren Reife ermöglicht werden. Wir werden uns dafür einsetzen, dass wir in Abstimmung mit den Ausbildungsbetrieben für diese Jugendliche einen zweiten Berufsschultag ermöglichen.

Wir müssen auch denjenigen jungen Menschen eine berufliche Perspektive bieten, die keinen Ausbildungsplatz in der regulären betrieblichen Ausbildung gefunden haben. Wir GRÜNE setzen uns für das Recht jeder und jedes Jugendlichen auf eine berufliche Ausbildung mit anerkanntem Abschluss ein. Deshalb haben wir in einem breit getragenen Bündnis für Ausbildung mit der Wirtschaft, den Gewerkschaften, der Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Landesverbänden eine Vereinbarung geschlossen, um den Übergangsbereich von der Schule in den Beruf neu zu gestalten. Die Bausteine AV dual (Ausbildungsvorbereitung Dual) und BQ dual (Berufsqualifizierung Dual) verbinden berufsvorbereitende Maßnahmen verstärkt mit Phasen in Betrieben, mit dem Ziel, in eine duale betriebliche Ausbildung zu münden. Die Modellversuche verlaufen bisher erfolgreich. Wir wollen sie zügig ausweiten und bis 2020 ein flächendeckendes Angebot erreichen. Wir wollen für Menschen mit Behinderungen, die Ausbildungsziele nicht vollständig erreichen können, Möglichkeiten eröffnen, dass ihre Teilleistungen anerkannt und zertifiziert werden.