c) Für eine starke Demokratie: Menschenfeindlichkeit bekämpfen

Über ein Jahrzehnt hinweg blieb die rechtsextreme Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) unerkannt. Polizei, Justiz und Geheimdienste waren nicht in der Lage, deren rechten Terror zu verhindern oder auch nur ansatzweise die Gefahr und politische Brisanz darin zu erkennen. Wir sind den Opfern und ihren Angehörigen eine restlose politische Aufklärung über den NSU-Komplex und seine Beziehungen nach Baden-Württemberg schuldig. Darum war es unerlässlich, dass auch der Landtag von Baden-Württemberg einen NSU-Untersuchungsausschuss eingesetzt hat. Wir halten es für erforderlich, dass diese parlamentarische Aufklärungsarbeit in der kommenden Legislaturperiode fortgesetzt wird.

Ebenso wichtig ist aber, dass aus einer umfassenden Aufklärung, die wir in unserer parlamentarischen Arbeit weiter vorantreiben werden, entschiedene Konsequenzen für die Sicherheitsbehörden gezogen werden. Wir werden demgemäß die Empfehlungen der NSU-Untersuchungsausschüsse in Bundestag und Landtag aufgreifen und konsequente Reformen für Baden-Württemberg umsetzen.

Verfassungsschutz neu ausrichten und kontrollieren

Die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes wurde auf unsere Initiative hin deutlich verbessert: Sämtliche Kompetenzen zur Kontrolle der Tätigkeit des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg werden künftig bei einem parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) des Landtags gebündelt. Dieses Gremium ist mit weitreichenden Befugnissen und mit umfangreichen Kontrollkompetenzen (beispielsweise Akteneinsichts-, Zutritts- und Befragungsrecht) ausgestattet. Wir wollen erreichen, dass das PKG künftig auch öffentliche Sitzungen abhalten kann, um mehr Transparenz bei Vorgängen des Verfassungsschutzes zu ermöglichen.

Die Diskussion um die künftige Organisation und Ausrichtung des Landesamtes für Verfassungsschutz ist für uns GRÜNE damit aber noch nicht beendet. Wir streben an, dass der Verfassungsschutz auf der Basis einer umfassenden Aufgabenkritik von Grund auf neu aufgestellt wird. Die Arbeit des Verfassungsschutzes muss sich künftig auf gewaltorientierte Gruppen, insbesondere den Rechtsextremismus und den islamistischen Terrorismus, konzentrieren. Die nachrichtendienstliche Beobachtung von nicht-gewaltorientierten Organisationen und Personen ist somit zu beenden.

Die bisherige Aufklärung des NSU-Komplexes hat gezeigt, dass insbesondere der Einsatz von V-Leuten in der Arbeit des Verfassungsschutzes hochproblematisch ist. Es ist unerträglich, dass bekennende Verfassungsfeinde als V-Leute vom Staat finanziert werden. Ihr Einsatz in der rechten Szene hat sich vielfach als nutzlos und gefährlich erwiesen. Die V-Leute-Praxis birgt unvertretbare rechtsstaatliche Risiken, denen nur ein begrenzter Erkenntnisgewinn gegenübersteht. Deshalb treten wir für einen weitgehenden Verzicht auf das Führen von V-Leuten in Baden-Württemberg ein. Ausnahmen sollen nur im begründeten Einzelfall möglich sein.

Am Trennungsgebot zwischen Polizei und Verfassungsschutz halten wir strikt fest. Es muss zudem sichergestellt sein, dass die eingesetzten personellen und sachlichen Mittel für den Verfassungsschutz tatsächlich Bedrohungen der Demokratie wirksam bekämpfen.

Wir sagen Nein zu Rechtsextremismus

Zivilgesellschaftlichen Netzwerken, die sich gegen Rechtsextremismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit engagieren, werden wir wie in unserer bisherigen politischen Arbeit unter die Arme greifen. Mit einem Landesprogramm zur Förderung demokratischer Kultur und zur Bekämpfung von Rechtsextremismus werden wir bereits praktizierte methodische Ansätze und bestehende Angebote sinnvoll miteinander verknüpfen und ausbauen. Auch die Landeszentrale für politische Bildung leistet durch Präventions- und Aufklärungsarbeit einen wertvollen Beitrag zur Demokratieförderung.

Unter der GRÜN-geführten Landesregierung ist außerdem eine Anlauf- und Beratungsstelle für die Opfer rechter und rassistischer Gewalt in Baden-Württemberg etabliert worden. Wir werden diese Beratungsstruktur finanziell absichern und sie regional ausbauen. Durch gezielte Interventionsmaßnahmen und intensive Beratungs- und Betreuungsarbeit wollen wir Menschen beim Ausstieg aus der rechten Szene unterstützten.

In der letzten Zeit haben insbesondere Angriffe auf Flüchtlinge und Asylunterkünfte sowie Drohungen und Attentate auf haupt- und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer zugenommen. Auch in Baden-Württemberg gab es Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte. Auch bei uns gibt es leider Hass und Ausgrenzung. Der Staat muss konsequent seiner Aufgabe nachkommen, die Sicherheit von Flüchtlingen und ihren Helferinnen und Helfern zu gewährleisten und Asylunterkünfte zu schützen. Rassismus und rechte Gewalt haben in unserem Land keinen Platz