d) Eine moderne Justiz im Dienste der Gesellschaft

Wir wollen einen starken Rechtsstaat und vertreten daher eine strikte Gewaltenteilung. Nur so ist die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz garantiert. Um das zu erfüllen, schaffen wir die Rahmenbedingungen für eine leistungsstarke und bürgernahe Justiz.

Eine unabhängige und leistungsfähige Justiz

Die Justiz muss so ausgestattet und organisiert sein, dass alle die Gewissheit haben, in angemessener Zeit Zugang zu ihren Institutionen erhalten zu können. Deshalb ist uns eine bessere Ausstattung der Justiz, in personeller und sachlicher Hinsicht, wichtig. Mit der konsequenten und raschen Umsetzung von E-Justice (elektronischer Rechtsverkehr und elektronische Akte) streben wir eine Beschleunigung und effizientere Gestaltung der Abläufe an. Der Zugang zu Recht und Justiz muss allen Menschen offenstehen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation. Deshalb lehnen wir eine Einschränkung der Beratungs-, Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe ab und unterstützen auch, dass eine Mediationskostenhilfe eingeführt wird. Wir sprechen uns darüber hinaus für die Stärkung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung aus.

Wir befürworten eine stärkere Selbstverwaltung der Justiz und werden die Unabhängigkeit der Justiz ausweiten. Ein Mittel dafür ist, das ministerielle Einzelweisungsrecht von Justiz- und Innenministerium einzuschränken, denn so können konkret eingeleitete Ermittlungen und Verfahren nicht durch politische Interventionen beeinflusst, behindert oder abgebrochen werden. Auch die Ernennungs- und Beförderungspraxis in der Justiz ist von großer Bedeutung, insbesondere bei den Gerichten und den Staatsanwaltschaften. Für eine unabhängige Justiz sind Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei den Stellenbesetzungen ein ausschlaggebendes Kriterium. Unser Beitrag zu einer eigenverantwortlichen Justiz ist ein transparentes Auswahlverfahren, das ein nachvollziehbares und objektives Stellenbesetzungsmodell enthält.

Opferschutz im Fokus

Justizpolitik darf sich nicht allein auf die Täter*innen konzentrieren, sondern muss ganz besonders auch die Opfer von Straftaten in den Blick nehmen. In Baden-Württemberg gibt es mit der Landesstiftung Opferschutz seit Jahren eine anerkannte Institution, die sich erfolgreich und engagiert der Unterstützung und Begleitung von Opfern von Straftaten widmet. Deren wertvolle Arbeit werden wir weiter unterstützen und ihre Leistungsfähigkeit sichern. Damit die Initiativen für Opferschutz und Opferhilfe auch in Zukunft handlungsfähig sind, werden wir insbesondere das koordinierte Zusammenwirken von Justiz und Polizei verbessern.

Resozialisieren statt Wegsperren

Wir setzen uns für einen Strafvollzug ein, der auf Resozialisierung gerichtet ist. Aus diesem Motiv heraus werden wir die professionellen und ehrenamtlichen Strukturen in den Haftanstalten weiter verbessern. Ein moderner Strafvollzug stärkt die Eigenverantwortung der Strafgefangenen und bereitet sie optimal auf ein Leben ohne Kriminalität außerhalb der Haftanstalt vor. Damit das gelingt, werden wir die Empfehlungen der Expertenkommission Justizvollzug auswerten und geeignete Maßnahmen zur Modernisierung und Humanisierung des Strafvollzugs ergreifen.

Die bessere psychiatrische Versorgung der Gefangenen und mehr Weiterbildung der Beschäftigten im Strafvollzug zu psychiatrischen Problemstellungen sind dabei ein erster Schritt. Durch die Errichtung neuer und die Modernisierung bestehender Justizvollzugsanstalten ermöglichen wir offene Vollzugsformen, mehr Arbeits- und Therapieangebote sowie eine Stärkung des Wohngruppenvollzugs. Eine Privatisierung des Strafvollzugs lehnen wir strikt ab. Deshalb hat die GRÜN-geführte Landesregierung die Teilprivatisierung der Justizvollzugsanstalt Offenburg rückgängig gemacht.

Das Programm „Schwitzen statt Sitzen“, bei dem Menschen gemeinnützige Arbeit verrichten statt Freiheitsstrafen abzubüßen, haben wir finanziell besser ausgestattet. Die Förderung von Haftvermeidungsprogrammen wollen wir verstetigen. Bei der Reform der Bewährungshilfe stehen für uns der Erhalt der hohen fachlichen Qualität, ein guter Betreuungsschlüssel und eine sinnvolle Einbeziehung der vielen ehrenamtlichen Kräfte im Mittelpunkt.

Im Bereich des Jugendstrafrechts stehen der Erziehungsgedanke und die Prävention für uns im Mittelpunkt. Auch hier wollen wir unseren Leitgedanken „Erziehen statt Strafen“ mit Leben füllen. Die Häuser des Jugendrechts bieten hierfür optimale Voraussetzungen. Durch die enge Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft, Polizei und Jugendhilfe wird die erzieherische Wirkung von Sanktionen gegen jugendliche Straftäterinnen und Straftäter deutlich verbessert. Für viele der betroffenen Jugendlichen ist es zudem eine völlig neue Erfahrung, dass man sich mit ihrer Situation und ihrem Fehlverhalten auseinandersetzt und gemeinsam mit ihnen Lösungen und Möglichkeiten der Wiedergutmachung erarbeitet. Wir werden uns daher weiter für einen flächendeckenden Ausbau der Häuser des Jugendrechts in Baden-Württemberg einsetzen.

Zur Stärkung der Prävention wollen wir einen Präventionsrat nach dem Vorbild anderer Bundesländer schaffen, der Präventionsangebote bündelt und ein Bewusstsein zur Vermeidung von Straftaten schafft. Aber auch das Strafgesetzbuch muss angepasst werden. Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein, es von tätertyporientiertem Gedankengut und gesinnungsstrafrechtlichen Elementen aus der NS-Zeit zu befreien, wie sie unter anderem im derzeitigen Mordparagrafen enthalten sind.