b) Digitalisierung für den Menschen

Die Digitalisierung ist nicht neu. Eine weitreichende Veränderung ist hingegen die zunehmende Vernetzung von Daten in allen Lebensbereichen.

Ob in Wirtschaft, Gesellschaft oder zu Hause – ohne Internet und digitale Kommunikation geht nichts mehr. Diesen Trend gilt es so zu gestalten, dass er das Leben der Menschen verbessert. Aus Grüner Sicht ist der Megatrend Digitalisierung sehr viel mehr als eine technische Entwicklung. Er verändert den Lebensalltag und das Zusammenleben insgesamt und hat damit auch Auswirkungen auf Schule, Unternehmen, Handwerk, öffentliche Sicherheit, Verkehr, Verwaltung und zahlreiche andere Dimensionen des Lebens.

Wirtschaft 4.0 braucht darum eine Politik 4.0. Digitalisierung muss zum Beispiel dazu beitragen, nachhaltiges Wirtschaften zu stärken, indem sie einen Beitrag zur Ressourceneffizienz leistet. Dafür muss die Politik die Voraussetzungen schaffen. Eine weitere große Verantwortung der Politik ist es, den Datenschutz und den Beschäftigtendatenschutz des analogen Zeitalters ins digitale Zeitalter zu übersetzen. Es ist in unserem eigenen Interesse, selbstbestimmte Bürgerinnen und Bürger und mutige Unternehmen zu haben, die sich keine Sorgen vor dem Verlust sensibler Daten machen müssen. Die informationelle Selbstbestimmung bleibt für uns ein unverzichtbarer Grundsatz für den Umgang mit personenbezogenen Daten. Zugleich wollen wir der Bürgerschaft und den Unternehmen einen transparenten, produktiven Umgang mit Daten ermöglichen. In diesem Zusammenhang setzen wir uns für Anonymisierungs- und Pseudonymisierungstechniken und einen starken, einheitlichen europäischen Datenschutzrahmen ein.

Gute Arbeitsbedingungen in der digitalen Arbeitswelt

Die Digitalisierung kann die Arbeitswelt für viele Beschäftigte positiv verändern. Für sie heißt Digitalisierung: Arbeiten, wo ich will, wie ich will und wann ich will. Nicht mehr Ort und Zeit sind entscheidend, sondern individuelle Selbstbestimmung. Das schafft Freiräume. Die Digitalisierung stellt unsere Arbeitswelt aber auch vor neue Herausforderungen. Sie kann dauernde Verfügbarkeit und Mehrarbeit erzeugen, die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben verschwimmen. Aber wenn sich die Arbeitswelt verändert, dann müssen auch das Arbeitsrecht und die Mitbestimmung entsprechend angepasst werden. Manche werden in der digitalen Wirtschaft als Solo-Selbstständige oder gar als so genannte Clickworker*innen tätig sein. Sie brauchen einen angemessenen Schutz bei Arbeitslosigkeit und Krankheit sowie Absicherung im Alter. Denn die Chancen des Wandels können nur eingelöst werden, wenn möglichst alle Menschen die Möglichkeit erhalten, selbstbestimmt und fair am Arbeitsleben teilzunehmen. Für uns verliert die tariflich geschützte, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auch im digitalen Wandel nicht an Bedeutung.

Der digitale Wandel darf unsere Gesellschaft nicht in Gewinner*innen und Verlier*innen spalten, vielmehr wollen wir ihn zum Nutzen der gesamten Gesellschaft ausgestalten. Wo Arbeitsplätze in bestimmten Berufsfeldern verschwinden und keine vergleichbaren neuen dafür entstehen, wollen wir den Betroffenen mit guten Aus- und Weiterbildungsangeboten neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt ermöglichen.

Zugang zu schnellem Internet für alle

Erfolgreiche Digitalisierung steht und fällt mit der richtigen Infrastruktur. Um die digitale Infrastruktur in Baden-Württemberg zu entwickeln, hat die GRÜN-geführte Landesregierung große Anstrengungen unternommen. Gerade für Unternehmen im Ländlichen Raum ist schnelles Internet der entscheidende Standortfaktor. Sie können nur bestehen, wenn sie die Chancen der digitalen Wirtschaft effektiv nutzen können.

Die GRÜN-geführte Landesregierung treibt daher den flächendeckenden Ausbau der Breitbandverkabelung intensiv voran und greift dort ein, wo sich ein Ausbau für die Telekommunikationsunternehmen nicht lohnt. Durch diesen Einsatz haben wir die weißen Flecken, das heißt diejenigen Ortsteile ohne Zugang zu schnellem Internet, bereits von 700 auf 200 reduziert. Inzwischen liegt Baden-Württemberg beim Ausbau des schnellen Internets mit an der Spitze der Flächenländer.

Dabei setzen wir auf kommunale Hoch- und Höchstgeschwindigkeitsnetze und fördern in besonderem Maße den Anschluss von Gewerbegebieten und Schulen. Um einen schnellen Ausbau zu garantieren, haben wir die jährlich im Haushalt eingestellten Mittel mehr als verdreifacht.

Mit den Mitteln aus dem Investitionspaket des Bundes und der digitalen Dividende beschleunigen wir den Ausbau zusätzlich und erhöhen die Fördersätze für die Kommunen. Wir werden weiter mit den Kommunen und Landkreisen an einem Strang ziehen und den Ausbau der Breitbandversorgung auch dort forcieren, wo der Markt versagt. Auf Bundes- und EU-Ebene wollen wir uns dafür insetzen, die Breitbandversorgung als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge zu etablieren. Außerdem setzen wir uns auf Bundesebene dafür ein, dass eine Privatisierung der im Besitz des Bundes befindlichen Anteile von 14,5 Prozent der Deutschen Telekom durchgeführt wird. Diese Anteile haben einen Marktwert von rund 10 Milliarden Euro. Baden-Württemberg würde von den Privatisierungserlösen, wenn diese nach den allgemein gültigen Kriterien auf die Bundesländer verteilt werden würden, etwa 1,3 Milliarden Euro zusätzlich für den Ausbau digitaler Infrastruktur erhalten. Damit könnte die digitale Infrastruktur unseres Landes, insbesondere im Bereich der Glasfasernetze, deutlich verbessert und zukunftsfest aufgestellt werden.

Wirtschaft 4.0: Eine Strategie für freiheitliches und ökologisches Wirtschaftshandeln

Grüne Digitalisierungspolitik unterstützt die Unternehmen, das Handwerk, Selbständige und Konzerne auf dem Weg zur Wirtschaft 4.0. Weil immer mehr Daten immer schneller zur Verfügung stehen, verändern sich Kommunikationsprozesse, Produktionsabläufe und Dienstleistungen. Big Data und das Zusammenwachsen von realer und virtueller Welt lässt in Industrie und Handwerk völlig neue Geschäftsmodelle entstehen. So nehmen etwa produktnahe Dienstleistungen zu. Fahrzeuge werden selbständig fahren. Waschmaschinen werden sich dann einschalten, wenn der Strom am günstigsten ist. Und Unternehmen produzieren bereits heute ihre Prototypen mit 3-D Druckern.

Baden-Württemberg hat mit seiner starken industriellen Basis in den Kernbranchen Maschinenbau, Metallbearbeitung und Fahrzeugbau, seinem innovativen Mittelstand und seiner einmaligen Dichte an Hochtechnologiefirmen hervorragende Chancen, von der Digitalisierung zu profitieren. Die Voraussetzung dafür ist, dass sich Unternehmen den Herausforderungen des digitalen Zeitalters, wie etwa dem Trend zur „intelligenten Fabrik“ oder zum „vernetzten Handwerker“, stellen und diese zu bewältigen lernen. Die größten Herausforderungen hierbei sind die Sicherung des Fachkräftebedarfs, die Datensicherheit und die Umsetzung neuer Ideen in erfolgreiche Produkte.

Die GRÜN-geführte Landesregierung hat sich dieser Herausforderungen angenommen. In allen relevanten Bereichen von Bildung über Energie und Verkehr bis hin zur Wirtschaft hat die Digitalisierungsstrategie sichtbar Formen angenommen. Im Staatsministerium koordiniert die Stabstelle Digitalisierung alle digitalisierungsrelevanten Aktivitäten der Landesregierung, Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium haben federführend mit Akteur*innen aus Wissenschaft und Wirtschaft eine Digitale Agenda ausgearbeitet. Auszubildende werden in Lernfabriken 4.0 auf die Industrie 4.0 vorbereitet, Medienbildung ist im Bildungsplan verankert worden. Informatik und informationstechnische Grundbildung wollen wir an unseren Schulen weiter stärken. Handwerker*innen werden für die Chancen, die die Digitalisierung bereithält, sensibilisiert. Die Energie- und Ressourcenwende wird mithilfe neuer Speichertechnologien, intelligenter Stromnetze und vernetzter Mobilität vollzogen. Damit die Industrie 4.0 eine Datensicherheitsgarantie hat, werden sichere Cloudlösungen per virtuellem Fort Knox erprobt, damit auch kleine und mittlere Unternehmen von der Digitalisierung profitieren. Geo-Daten der Landesbehörden werden als Open Data-Portal für alle online veröffentlicht und dienen z.B. als Grundlage zur Entwicklung von Apps und touristischen Angeboten und tragen so zur Wertschöpfung in Baden-Württemberg bei. Diesen umfassenden Ansatz der Digitalisierung wollen wir GRÜNE weiterverfolgen, denn Digitalisierung soll zum Nutzen aller Bürgerinnen und Bürger sein.

Digitalisierung muss noch mehr als bisher zum Katalysator für ökologisches Wirtschaften werden. Das Management von Energieangebot und -bedarf ist ohne Digitalisierung nicht denkbar. Wenn von allen Schritten einer Produktion detaillierte Daten geliefert werden, kann der Ressourcen- und Energieeinsatz nach Angaben des Fraunhofer-Instituts IPA um 20 bis 30 Prozent, in Einzelbereichen gar um bis zu 70 Prozent reduziert werden. Der gezielte Einsatz von Smart-Grids-Technologie hilft bei der digital gesteuerten Reduktion von Energie- und Ressourcenverbrauch.

Wir GRÜNE verfolgen daher das Ziel, Baden-Württemberg zu einem Vorreiter bei der Entwicklung und Nutzung derartiger Technologien zu machen. Zudem werden wir die Landesstrategie „Green IT 2020“ konsequent weiterverfolgen. Sie soll nicht nur den Stromverbrauch reduzieren, etwa durch Rechenzentren, deren Abwärme genutzt wird, oder durch digitale Wartungs-, Steuerungs- und Regeltechnik, sondern alle Rohstoffe entlang der IT-Wertschöpfungskette in den Blick nehmen.

Vernetzte Verkehre sollen eine Selbstverständlichkeit sein, ebenso wie eine forschungsfreundliche digitale Infrastruktur in der Wissenschaft.

Netzpolitik: Ein freies und demokratisches Internet

Es ist uns ein Anliegen, in Baden-Württemberg freies WLAN in und um staatliche Einrichtungen anzubieten. Wir unterstützen Freifunk-Initiativen und fordern vom Bund die Abschaffung der Störerhaftung in diesem Bereich. Damit Bürgerinnen und Bürger getreu dem Motto „Kommentieren, informieren, mitmachen“ bei Projekten der Landesregierung weiter an der politischen Meinungsbildung mitwirken können, werden wir zudem das Beteiligungsportal BW ausbauen. Das Portal soll vermehrt zur Weiterentwicklung von Gesetzesvorhaben genutzt werden. Auch die Verfügbarkeit bestehender Daten in der Landesverwaltung wollen wir weiter verbessern. Der Ansatz des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, das beim Thema Open Data konsequent vorangegangen ist, soll hierfür beispielgebend sein. Darüber hinaus streben wir ein gemeinsames Open-Data-Portal von Land und Kommunen an. Das ist für uns ein wichtiger Bestandteil der Politik des Gehörtwerdens.

Wir wollen, dass freie, quelloffene Software, Formate und Standards gefördert werden. Sie sichern Herstellerunabhängigkeit sowie die Nachnutzung und bieten Chancen für kleine und mittlere Unternehmen. Dies soll sich in E-Government-Richtlinien und im Beschaffungswesen widerspiegeln. Den Bildungsbereich halten wir dabei für besonders sensibel, da hier indirekt Schüler*innen als Kund*innen für bestimmte Produkte geworben werden können. Wir begrüßen daher die Angebote an freier Software des Landesmedienzentrums und unterstützen Schulen darin, den Mehrwert von freier Software im Unterricht zu vermitteln. Das Land soll zudem Kommunen beim Einsatz von Open Source Software beraten und unterstützen.

Die intensivere Nutzung von Möglichkeiten des E-Government wollen wir auch zum Bürokratieabbau nutzen. Eine moderne, digitale Kommunikation mit den staatlichen Stellen und zügige Online-Verfahren sind gerade für kleinere und mittlere Unternehmen wichtig.

IT-Sicherheit hat insbesondere auch für unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen („Hidden Champions“) erhebliche Bedeutung. Darum wollen wir die bestehenden Strukturen wie Forward-IT und das KASTEL am KIT stärken.

Für uns GRÜNE gilt der Grundsatz: Deine Daten gehören Dir. Dementsprechend müssen personenbezogene Daten vollumfänglich geschützt werden. Wir sind der Ansicht, dass der Schutz und die Sicherheit sensibler Daten von Personen und Unternehmen kein Hemmnis, sondern Chance für und Voraussetzung von Innovation und Wohlstand ist. Auch deshalb lehnen wir die Vorratsdatenspeicherung entschieden ab.

Und nicht zuletzt sind die Grundlage für eine gelungene Digitalisierung mündige Verbraucherinnen und Verbraucher. Darum sind wir überzeugt, dass eine informationstechnische Grundbildung in der Schule vermittelt werden soll und haben Medienbildung erstmals durchgängig und verpflichtend in allen Klassenstufen und Fächern im Bildungsplan verankert.

Für ein freies und demokratisches Internet ist die Gleichbehandlung aller Daten vorausgesetzt. Wir setzen uns deshalb für Netzneutralität und gegen ein „Zwei-Klassen-Internet“ ein. Auch Menschen mit Behinderung sollen von den Vorteilen des Netzes profitieren können.

Alle Inhalte und Informationen sollen deshalb in verständlicher, barrierefreier und maschinenlesbarer Form dargestellt werden.