AK Demokatie & Recht: Podiumsdiskussion zu Verschwörungserzählungen

v.l.n.r.: Sandra Kemp, Beate Bube, Dr. Daniel Köhler, Dr. Björn Appelmann

Am 3.11.2022 hat der AK Demokratie und Recht der GRÜNEN im Kreisverband Karlsruhe zusammen mit der Stiftung Forum Recht und dem Förderverein Forum Recht e.V. eine

Podiumsdiskussion zu Verschwörungserzählungen

in den Räumen der Stiftung Forum Recht in der Karlstraße in Karlsruhe veranstaltet.

Als Referent*innen konnten gewonnen werden:

  • Beate Bube, Präsidentin des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg
  • Sandra Kemp, Beauftragte für Weltanschauungsfragen der evangelischen Landeskirche Baden
  • Dr. Daniel Köhler, KONEX-BW

Nach der Begrüßung durch die Direktorin der Stiftung Forum Recht, Frau Henrike Claussen, führte Frau Dr. Sarah Pohl (Leiterin der Zentralen Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen Baden-Württemberg) in ihrem Grußwort in das Thema ein. Sie machte vor allem deutlich, dass verschwörungsmythische Äußerungen oft nur die wahrnehmbare Spitze eines Eisbergs von Motiven und Einstellungen sind, die für eine produktive Auseinandersetzung in den Blick genommen werden sollten.

Hieran knüpfte Sandra Kemp mit ihrem Einführungsstatement an. Sie erläuterte genauer, welche gesellschaftlichen Entwicklungen und individuellen psychischen Bedürfnisse Menschen dazu bringen, sich für Verschwörungsideologien zu öffnen. Zum Teil würden Verschwörungsmythen als entlastend erlebt, weil damit bedrohliche und nicht beherrschbare Aspekte der Realität subjektiv erklärbar würden und so ein Gefühl von Kontrolle zurückkehre oder gar der Überlegenheit gegenüber denjenigen entstehe, die die „Wahrheit“ nicht „erkennen“.

Die Präsidentin des Landesamts für Verfassungsschutz, Beate Bube, gab einen Überblick über die aktuelle Einschätzung der Bedrohungslage durch die Sicherheitsbehörden. Sie machte deutlich, dass in der sehr heterogenen Szene nicht nur esoterische Gedanken, sondern durchaus auch gewalttätige Umsturzphantasien kursieren und dass die Inhalte der zum Teil in sich widersprüchlichen Verschwörungserzählungen fast beliebig austauschbar sind und schnell wechseln können. Sehr häufig kehrten dabei aber Grundmotive wieder, nicht selten mit antisemitischen Konnotationen.

Dr. Daniel Köhler von der Ausstiegsberatung KONEX-BW, der spontan für den erkrankten Dr. Mathieu Coquelin von FEX-BW eingesprungen war, berichtete aus seiner Beratungspraxis, warum Menschen, die sich bereits einschlägig strafbar gemacht haben, dennoch den Weg aus Verschwörungsgemeinschaften suchen. Hier spielten ganz banale Entwicklungen eine Rolle, etwa dass mit zunehmendem Alter bestimmte Verhaltensmuster nicht mehr durchzuhalten sind, wie die Teilnahme an gewalttätigen Auseinandersetzungen oder an  Alkoholexzessen. Aber auch negative Erfahrungen mit dem vermeintlichen Zusammenhalt in der Gruppe seien prägend, ebenso neue positive familiäre Bindungen, etwa durch eigene Elternschaft.

Moderiert von Dr. Björn Appelmann diskutierten die Referent*innen im Anschluss mit dem Publikum weitere Aspekte des Themas, etwa Verbindungen zu esoterischen und religiösen Strömungen. Einig waren sich alle Referent*innen, dass weder die rein auf Fakten fokussierte Diskussion, noch eine moralische Ansprache weiterführen. Wichtig sei es vielmehr, stets eine Doppelbotschaft zu senden: Akzeptanz der Person, aber nicht der Ansichten. Dabei sollte man aber auch realistisch bleiben, was die eigenen Ressourcen und die Offenheit des Gegenübers angeht.  

Zum Abschluss lud die Stiftung Forum Recht sämtliche Besucher*innen – der Saal war inklusive der Stehplätze gefüllt –zu einem kleinen Buffet ein, wo sich intensive Gespräche in kleinen und größeren Gruppen entwickelten.

Text: Jörg Müller