Franziska Brantner, Bundestagsabgeordnete aus Heidelberg: „Die Politik muss zwei Schritte voraus denken“

Am Samstag erschien in den BNN ein Interview mit Franziska Brantner, Bundestagsabgeordnete aus Heidelberg. Hier der vollständige Artikel noch einmal zum Nachlesen.

„Die Politik muss zwei Schritte voraus denken“

Die Grünen-Abgeordnete Brantner lobt Merkel

WECHSEL NACH BERLIN: Franziska Brantner aus Heidelberg sitzt für die Grünen im Bundestag.

Karlsruhe. Berlin statt Brüssel: Seit zwei Jahren ist Franziska Brantner Bundestagsabgeordnete der Grünen. Dafür hatte sie ihr Mandat als EU-Parlamentarierin aufgegeben. „Bereut habe ich die Entscheidung bisher nicht“, sagt die 36-Jährige aus Heidelberg, die diesen Schritt keineswegs als Absage an die europäische Politik verstanden wissen will. Vielmehr könne man sich auch in den nationalen Parlamenten für Europa einsetzen, betont sie. Unterschiede in der parlamentarischen Arbeit gebe es aber durchaus. Während es im EU-Parlament oft um einzelne Projekte und Gesetze gehe, bei denen man auch stark fraktionsübergreifend arbeite, sei die Einteilung in Regierung und Opposition im Bundestag stärker zu spüren. Und da haben die Grünen gegen die Übermacht der Großen Koalition keinen leichten Stand. „Das ist derzeit schon eine besondere Situation“, sagt Brantner. Mit der deutlichen Mehrheit von SPD und Union könnten auch Vorhaben verabschiedet werden, die selbst in den Regierungsparteien umstritten seien. „Langfristig ist die Große Koalition für die Demokratie nicht förderlich“, findet Brantner, die mit dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer liiert war, mit dem sie auch eine Tochter hat.

Brantner zählt zu einer neuen Generation grüner Politikerinnen, die vielleicht in den kommenden Jahren eine Führungsrolle übernehmen könnte. „Natürlich wollen wir irgendwann auch wieder an die Regierung“, blickt Brantner auf die nächste Bundestagswahl 2017 voraus. Der Frage, ob sie dabei auch an eine Koalition mit der Union denke, weicht sie ein wenig aus. „Koalitionsfragen hängen stark von den Inhalten ab.“ Die Worte von Kanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise haben ihr durchaus gefallen. „Den Satz, Asyl kennt keine Obergrenze, fand ich richtig.“ Und Merkels „Wir schaffen das“ sei bemerkenswert. „Ich finde es allerdings traurig, dass die CDU offenbar nicht hinter ihrer Kanzlerin steht.“ Vor allem die CSU boykottiere Merkels Kurs. Deshalb werde es äußerst spannend, in welche Richtung sich die Union in den nächsten Monaten bewege. „Davon hängt viel ab“, sagt Brantner, „auch, ob man 2017 vielleicht koalieren kann.“

Ein grundsätzliches Problem der Politik sieht sie nun gerade in der Flüchtlingskrise aufbrechen. „Politik muss eigentlich immer zwei Schritte voraus denken, aber derzeit hinkt sie stets hinterher.“ Ob beim Platz für die Unterbringung der Flüchtlinge oder beim Personal im Bundesamt für Migration – diese Entwicklungen seien doch nicht von heute auf morgen über Deutschland hereingebrochen. Doch die aktuellen Geschehnisse treiben die Politik vor sich her. Mit einem kleinen Beispiel verdeutlicht sie, worauf es ankäme. „Es ist jetzt schon abzusehen, dass in den nächsten Jahren in den Kindertagesstätten deutlich mehr Mittel für die Sprachförderung und die Betreuung von Flüchtlingskindern gebraucht werden.“ Das müsse man eigentlich jetzt schon einplanen, sagt Brantner, die eine ziemlich beeindruckende Vita vorzuweisen hat: Doppeldiplomstudium in New York und Paris, das sie als Jahrgangsbeste abschloss, danach Promotion in Mannheim. Schon zuvor war sie für die Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv und Washington tätig. Ausgebildete Mediatorin ist sie auch noch, spricht fließend Französisch, Englisch, Spanisch und ein bisschen Hebräisch. Mit 17 trat sie der Grünen Jugend in der Grünen-Hochburg Freiburg bei. Wohin die politische Karriere noch gehen soll? Vielleicht einmal in ein Ministeramt? Da winkt Franziska Brantner ab. Darüber mache sie sich keine Gedanken. Das „Zwei-Schritte-voraus-denken“ gilt zwar für die Politik, sollte man sich bei der politischen Karriereplanung aber sparen.

(Quelle: BNN/Tobias Roth)